Der Ruf nach dem Schlussstrich

Es ist absehbar – die Menschen haben bald keine Kraft mehr, zu folgen. Alle Enthüllungen, die im Januar 2022 in der Frage des sexuellen Missbrauchs durch Mitarbeiter der Kirche bekannt wurden, überfordern immer mehr die Gläubigen. Der Ruf, doch jetzt wirklich Schluss zu machen, wird erst zaghaft von einzelnen Stimmen hörbar werden, dann immer deutlicher werden.

Wie ist das gemeint?

Häufig fällt bei den Rufen das Wort Vergebung. Die allerdings wird wohl kaum anwendbar sein.

Was allen vorschwebt ist vermutlich nur „Schluss mit dieser unsäglichen Debatte, die so langsam in Selbstzerfleischung übergeht“. Aber das richtet sich eigentlich an die Hirten.

Warum immer wieder nur hinhalten, ständig den Datenschutz bemühen, ein Gutachten nach dem anderen bestellen? Warum taktische Rücktritte anbieten und dann heilfroh sein, wenn der Papst nicht mitspielt. Die Wahrheit bitte endlich nicht mehr wie Schalen einer Zwiebel enthüllen, sondern endlich einmal „ganz“.

Die Kirche möge aufhören, um Worte zu ringen, sondern sich bekennen!

Vergebung ist nicht etwas, das wir, die Beobachter, fordern oder aussprechen können, das können nur die Betroffenen selber. Sie unter Druck zu setzen, doch jetzt endlich „Ruhe“ zu geben, steht uns nicht im Mindesten an.

Medien – gut oder böse?

Natürlich spielen auch die Medien eine Rolle. Ohne sie und ohne besonders bohrende Fragen von einzelnen Journalist:inn:en (etwa Christiane Florin im Deutschlandfunk) hätten wir heute weder einen Synodalen Weg noch die bekannten Gutachten. Sie haben ihre Aufgaben in der Regel also „gut“ erfüllt. Das darf natürlich nicht über das Ziel hinausschießen.

Die Rufe nach Schluss und Ende könnten also auch die Medien meinen, nun doch endlich aufzuhören. Na ja. Es macht wirklich Mühe, alles zu verfolgen, was sie finden. Aber bisher war alles erschreckend wichtig und richtig, wenn es auch bitter war.

Gemeinsamkeit in Gefahr

Die Aufarbeitung kostet nicht nur viel Zeit, sondern auch Kraft, die vielfach an anderen Stellen bitter benötigt wird, zum Beispiel dort, wo Kirchen in Gefahr sind, aufgegeben zu werden. Dort wo die Pandemie schon die größten Lücken im Gemeindeleben geschaffen hat. Dort, wo es immer schwerer fällt, noch eine glaubwürdige Botschaft zu vermitteln.

Wenn sich die Gemeinschaft jetzt noch spaltet, weil ein Teil den Rufen nach einer Beendigung der Debatten folgt, dann tritt der ganze Schaden zu Tage, welcher durch das verantwortungslose Tun der Täter angerichtet wurde.

Zusammenstehen, reformieren, die Vergebung der Opfer erlangen. Aber auch seine Stimme erheben und als Mehrheit nicht zu allem schweigen. Das könnte man als das Gebot der Stunde auffassen.

 

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