Die trauernde Gemeinde

Vor der Herz Jesu Kirche am Tag „danach“.

Wir wollen uns noch lange an die „verlorene Heimat“ erinnern und unsere Trauer bewältigen.

Gründung

Die Herz-Jesu Kirche war fast 131 Jahre lang ein Ort, der nicht nur kalter Stein war, sondern ein Gotteshaus, in dem wir geborgen waren, das zwei Weltkriege überlebte und in dem mehrere Generationen mit vielen tausend Gläubigen ihren Glauben in Gottesdiensten und Andachten leben und erfahren durften. Sie wurde von ihren Erbauern unter Entbehrungen errichtet und erhalten und den nachfolgenden Generationen als Geschenk anvertraut.

Bevor die Kirche erbaut wurde, gehörten Broich, Speldorf und Saarn noch nicht zu Mülheim. Dieses Gotteshaus wurde dann 1888 bis 1892 nach einem Entwurf des Dombaumeisters Franz Schmitz aus Strassburg im rheinisch-neoromanischen Stil aus Sandstein aus dem bekannten, nahegelegenen Steinbruch Rauen errichtet. Architekt und Baumeister war Josef Schrey aus Duisburg. Die Bauzeit war kurz. Das Gebäude wurde solide errichtet und der Anklang an die Romanik zeugt von Traditionsbewusstsein und dem Wunsch nach Dauer. Die Erbauung fiel in eine Phase gesellschaftlich-wirtschaftlichen Aufbruchs im noch jungen deutschen Kaiserreich. Die Industrialisierung war auch in Mülheim angekommen.

Die Benediktion erfolgt dann 1892 durch Pfarrer Johannes Erkelenz. Die Kirche wurde zum Mittelpunkt einer rasch wachsenden Zahl von Gläubigen links der Ruhr und hat dem aufstrebenden Stadtteil positive Impulse gegeben.

Turm

Der Bau wird auf der Westseite durch einen 54 m hohen mächtigen Turm mit vier Glocken dominiert, von denen zuletzt nur noch eine benutzt wurde. Der Haupteingang zur Kirche ist ein massives zweiflügeliges Portal, über dem sich eine schöne Sandsteinrosette aus buntem Glas befindet. Darüber wiederum befindet sich die Glockenstube mit ihren Schalllöchern, aus denen der Glockenklang uns zum Gebet ruft. Der Turm setzt sich fort mit der Kirchturmuhr mit beleuchteten Zeigern, die uns die Stunden anzeigt. Den Abschluss bildet die spitze Turmhaube, die durch ein schmiedeeisernes Kreuz mit einem wachsamen Hahn gekrönt ist.

Turm

Grundriss

Die Kirche ist in Kreuzform mit einem Hauptschiff, zwei Seitenschiffen und einem Querschiff gestaltet. Im Innern finden sich Rundbögen, welche für die Romanik typische Baumerkmale sind, und die die mächtigen, strukturierten Pfeiler verbinden. Die Pfeiler tragen die Wände des Hauptschiffs. Den oberen Abschluss der Pfeiler bilden schlichte, jedoch farblich abgestimmte Kapitelle. Die Wände des Seitenschiffs werden durch ebensolche Rundbögen getragen. Die Decken der Haupt- und Seitenschiffe sind als Kreuzgewölbe ausgebildet. In Front der Seitenschiffe befinden sich, durch das Querschiff abgetrennt, die Nebenaltäre, links der Marienaltar, der rechte dem hl. Bonifatius gewidmet.

Mittelschiff

Grundriss

Fusion und Ende

Nach über 100 Jahren als Pfarrkirche einer selbständigen Pfarrei mit über 8.500 Seelen in den 1980er Jahren wurde Herz Jesu in 2008 mit vier weiteren Pfarreien links der Ruhr zu einer neuen Großpfarrei fusioniert. Im Januar 2018 wurde im Pfarreientwicklungsprozess, dem PEP, verkündet, dass die Herz-Jesu-Kirche aus finanziellen und bautechnischen Gründen in naher Zukunft nicht mehr zu halten sei und aus pastoralen Gründen in der Pfarrei nicht mehr notwendig sei. Nur fünf Jahre später wird bekannt gegeben, dass die Kirche endgültig am 25. Februar 2023 außer Dienst gestellt wird, im 131. Jahr ihres Bestehens. Sie ist als Kirchengebäude eine den Stadtteil prägende Landmarke und steht nebst dem daneben stehenden Pfarrhaus unter Denkmalschutz.

Autor: H. H.

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