Finanzbericht Essen 2020

Mit Ach und Krach schafft es Essen gerade noch mitten im Advent – 2021 – wohlgemerkt, den Jahresabschluss des Bistums für das Vorjahr 2020 vorzulegen. Begründung – keine.

Das ist teilweise ein Nachteil, weil niemand Zeit und Lust hat, sich damit zu beschäftigen, teilweise ist es ein Vorteil, weil niemand Zeit und Lust hat, sich damit zu beschäftigen. Es kommt eben auf die Blickrichtung an. Am sinnvollsten ist ein Jahresabschluss natürlich spätestens bis zur Jahresmitte, wenn auch noch die Prognosen für das laufende Jahr von Interesse sind. Unter den deutschen Bistümern sind es aber nur wenige, die das geschafft haben, etwa Aachen, Hildesheim und Osnabrück. Kompliment!

Gut – Corona mag verhindert haben, dass sich die Gremien, welche den Jahresabschluss beschließen, nicht so treffen konnten, wie gewohnt.

Was nimmt man mit?

Und in allen Medien wird kräftig über einen Fehlbetrag von 3,4 Mio. Euro geklagt. Bei einer Bilanzsumme, die mehr als 100 mal so groß ist.

Klagen ist gut für das Geschäft, wie alle Kaufleute und Handwerker wissen. Essen ist ja so arm!

Im Originalton

Pressemitteilung des Bistums (Thomas Rünker): Corona sorgt im Bistum Essen für Defizit von 3,4 Millionen Euro.

domradio.de (KNA): Minus von 3,4 Millionen Euro.

Neues Ruhrwort (André Przybyl): Corona sorgt für Defizit von 3,4 Millionen Euro.

WAZ (Marcel Dronia): Corona sorgt erneut für ein Defizit.

Tatsache

Dabei schließt das Bistum seine gewöhnliche Geschäftstätigkeit durchaus mit einem Überschuss von 3,7 Mio. Euro ab. Aber das geht in den Medien ganz unter. Viel ist auch dieser Überschuss nicht, aber solide.

Und woher kommt dann das „Defizit“ oder das „Minus“ von 3,4 Mio? Ganz einfach: weil der bilanzielle, technische Begriff Bilanzverlust verwechselt wird mit dem Ergebnis aus gewöhnlicher Geschäftstätigkeit, welches man bei einem Bistum auch als Betriebsergebnis ansehen kann.

Den Fehler sollten sich sachkundige Journalisten aber eigentlich nicht leisten , weil sich ein Bilanzgewinn oder eben ein Bilanzverlust erst nach den Entscheidungen über die Gewinn-verwendung ergibt. In unserem Falle hat sich Essen dafür entschieden, seinen gesamten Überschuss in Höhe von 3,7 Mio. Euro nicht nur komplett auf die „hohe Kante“ zu legen, sondern noch darüber hinaus zu gehen.

Im Wesentlichen wurde eine neue Rückstellung für zukünftigen Aufwand gebildet – zur Anerkennung des Leids von Missbrauchsopfern. Das ist ausdrücklich in Ordnung. Die Summe hätte gut und gerne auch doppelt so hoch sein dürfen anbetracht der unglaublichen Vergehen. Es hätte dem Jahresbericht auch gut angestanden, wenigstens ein paar bedauernde Worte zu den Vergehen zu formulieren.

In anderen Bistümern, z. B. München und Trier, wurde übrigens bereits ausgeschlossen, dass solche Entschädigungen aus Kirchensteuermitteln, sprich: dem Bistumshaushalt, erfolgen, und das wurde von der Presse auch bereits wohlwollend gewürdigt. In Essen ist das aber nicht möglich, weil der Bischöfliche Stuhl schlicht und einfach nicht vermögend genug ist.

So sieht das also aus.

Corona

Aber wir hatten doch Corona – ja, hatten wir, und der Staat und die öffentlichen Hände habe alle sinkende Einnahmen gehabt. Das konnte man vorhersehen. Das Bistum hat sich auch in der Tat erstaunlich gut darauf vorbereitet. Das ist ausdrücklich als Lob anzusehen.

In Wahrheit ist Essen erstaunlich gut durch das von Corona dominierte Jahr gekommen. Angesichts von Kurzarbeit und Pleiten trotz Finanzhilfen weit und breit. Ja – die Erträge sind stark gesunken, die Aufwendungen aber auch. Was gut ist. Insgesamt hat das Bistum somit gut gearbeitet.

Aber es sollte sich bescheiden daran orientieren, dass Kirche eigentlich non-profit ist, oder nicht? Und die Wahrheit klarer darstellen.

Korrigierter Finanzbericht

Wie hätte nun die korrekte Mitteilung aus dem Bistum lauten müssen?

Das Bistum Essen schließt seine gewöhnliche Geschäftstätigkeit im Jahr 2020 mit einem Überschuss von 3,7 Mio. Euro ab. Sinkende Einnahmen von Kirchensteuern konnten durch Kürzungen von Ausgaben abgefangen werden. Der Überschuss wurde auf Beschluss des Bistums in voller Höhe dafür verwendet, eine neue Rückstellung zur Abdeckung zukünftiger Ansprüche zur Anerkennung des Leids von Missbrauchsopfern zu bilden und diese um weitere 3,4 Mio. Euro zu erhöhen. Dadurch ergab sich insgesamt ein rechnerischer Bilanzverlust in dieser Höhe. Insgesamt ist das Bistum somit besser als erwartet und als große Teile der Privatwirtschaft durch das Jahr gekommen.

Traum

Diejenigen Journalisten, die über das Thema geschrieben haben, hätten das vielleicht auch merken können. Statt dessen übernehmen sie schnell und einfach die Wortwahl der Bistums-PR. 


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