Am 13.08.2022 gab es eine entscheidende Klausurtagung in der Pfarrei St. Mariä Himmelfahrt in Mülheim. Alle sog. Entscheidungsgremien waren versammelt. Am Ende fiel der Entschluss, die Kirche Herz Jesu der Pfarrei im Stadtteil Broich zu einem baldigen Zeitpunkt zu schließen.
Hier der ungefähre Hergang, soweit man ihn aus vorsichtigen Äußerungen einiger Beteiligter rekonstruieren kann.
Anwesend
Eingeladen hatte der Kirchenvorstand (KV) und ferner anwesend waren der Pfarrgemeinderat (PGR), das gesamte Pastoralteam sowie die Sprecher der fünf pastoralen Standorte der Pfarrei.
Entscheidungsbefugt ist in solchen Fragen ohnehin allein der Kirchenvorstand. Der Pfarrgemeinderat hat allerdings satzungsgemäß das Recht, angehört zu werden, kann allerdings nichts verhindern. Das Pastoralteam wird ebenfalls immer zur Beratung hinzugezogen und die Sprecher der Standorte waren mehr oder weniger Gäste.
Es wurde allerstrikteste Geheimhaltung abgesprochen.
Thema
Dann ging es um die aktuelle wirtschaftliche Situation. Der KV berichtete von erheblichen Kostensteigerungen und rückläufigen Einnahmen. Wenn nicht wesentliche Einsparungen gelängen, so drohte der Pfarrei die Zahlungsunfähigkeit und die Übernahme der Haushaltskontrolle durch das Bistum. Das müsse um jeden Preis vermieden werden. Hieraus ergab sich die Notwendigkeit für alle Teams, nach Ideen und Aktionen zu suchen, um Kosten einsparen zu können.
Der KV war jedoch nicht willens, noch Beratungen der Teams an den einzelnen Standorten abzuwarten, wie man denn am sparsamsten durch den Winter kommen könnte, sondern zog eine vorbereitete Sofortlösung aus der Tasche. Diese beruht auf dem im Januar 2018 beschlossenen Votum.
Der Plan
In dem Votum wurden drei der fünf Kirchen der Pfarrei als pastoral „nicht notwendig“ – nicht gerade schlüssig herausgearbeitet, aber doch also solche – hingestellt. Das hat zur Folge, dass das Bistum sich nicht mehr an ihrem Bauerhalt beteiligen wird, sondern die Pfarrei selbst gezwungen ist, entsprechend der Größe und des Alters der Kirche zweckbedingte Rücklagen (oder Rückstellungen) zu bilden. Für eine „große historische Kirche“ erbaut vor 1900 gemäß der Dreierklassifikation des Bistums wären etwa 43.000 € an Rücklagen jährlich notwendig. Die wollte die Pfarrei offenbar nicht mehr aufbringen. Zusammen mit den eingesparten Betriebskosten, wenn keine Gottesdienste mehr stattfänden, käme man dann in die Nähe von 70.000 €, wo späteren Äußerungen in manchen Diskussionen zufolge das zu erwartende „Haushaltsloch“ der Pfarrei läge.
Die größte und zentrale 130 Jahre alte Kirche der Pfarrei, Herz Jesu, passte ideal zu diesem Problemprofil. Der Antrag lag auf dem Tisch:
Herz Jesu wird Ende Februar 2023 geschlossen.
Der Beschluss
Nun saßen aber auch gewählte Vertreter von Herz Jesu mit am Tisch. Sowohl im KV als auch im PGR. Die Anwesenden aus Herz Jesu hatten einfach keine Chance. Wenn die Vertreter von vier anderen Kirchen, welche insgeheim froh sind, verschont zu bleiben, gegen dich sind, hast du eine Zweidrittelmehrheit gegen dich. Dann kannst du argumentieren, solange du willst. Den Berichten nach (Zitat):
waren die Vertreter von Herz Jesu in den Sitzungen von der drohenden Schließung sehr betroffen (den Tränen nahe: “ … habe praktisch mein ganzes Leben mit dieser Kirche gelebt …“) und hätten dennoch der Schließung zugestimmt.
Am Ende gab man sich geschlagen. Es wird – ohne Gewähr – vermutet, dass die Abstimmung sogar einstimmig ausging.
Die Umsetzung
Ende September war jedoch das Datum der Kirchweihe vor 130 Jahren. Planungen, wie das Jubiläum gefeiert werden sollte, waren bereits angelaufen. Die Klausurteilnehmer konnten sich ausmalen, dass die Nachricht von der Schließung die Festfreude doch erheblich trüben würde. Es wäre sogar mit heftigen Emotionen zu rechnen gewesen und der Bildung von Widerstand.
Deshalb war man sich einig, die Geheimhaltung bis nach dem Fest aufrecht zu erhalten. So fand denn am Nachmittag des 27. August in ungestörter Stimmung die Jubiläumsfeier statt. Zuerst am Nachmittag ein Kinderfest rund um die Kirche, dann um 17:00 die Festmesse und im Anschluss eine Begegnung der Gemeinde im „Biergarten“ zwischen Kirche und Pfarrhaus mit Würstchen und Getränken auf Spendenbasis. Der seit einem Jahr im Ruhestand befindliche langjährige Pastor Janberg hielt eine eindrucksvolle und spannende Predigt, in der er die gesamte Vergangenheit lebhaft Revue passieren ließ. Er hielt sich getreu an das Konzept, die schon sichere Schließung mit keiner Silbe auch nur andeutungsweise zu erwähnen. Auch danach beim Essen hielt der ebenfalls anwesende Pfarrer völlig „dicht„.
Welch eine unsägliche Heuchelei! – Welcher Betrug an der Gemeinde!
Gerüchte und Offener Brief
Aus mehreren kleinen Andeutungen wurden einzelne Mitglieder der Gemeinde aufmerksam, dass etwas nicht „stimmen“ konnte. So sollten wohl für das Frühjahr schon Termine bzw. „Intentionen“ bestellt werden und man bekam die hinhaltende Auskunft, das ginge im Moment nicht oder das sei nicht machbar. Daher gingen eilig Mails hin und her und unsere Gruppe Ich-steh-auf-Herz-Jesu formulierte einen Offenen Brief an den Pfarrer, der auch zum Bischof, dem Oberbürgermeister, der Presse und anderen wichtigen Stellen gehen sollte.
Dessen Text finden Sie unter dem vorigen Link.
Der Brief konnte jedoch nichts mehr aufhalten, wurde auch nicht mehr beantwortet. Denn am 24. September wurde der vorbereitete Beschluss nun endgültig der Gemeinde vorgelegt. Die Geheimhaltung nahm endlich ein Ende. Wie übel, dass überhaupt zu diesem Mittel gegriffen wurde.
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