Jesus

Über zwei Milliarden Menschen auf der Welt teilen eine ganz besondere Überzeugung an Jesus von Nazaret. Nach dem Ehrentitel Christus, den Jesus von seinen frühen Anhängern bekam, werden seine Anhänger weltweit als Christen und er selbst als Jesus Christus bezeichnet. Nazaret ist der Ort, wo er lange lebte und von wo aus er seine Lehrtätigkeit begann.

Die Kirche

Alle Christen weltweit bilden ideell die eine Kirche Jesu Christi,  welche bildlich und in gehobener Sprache gern oft auch als Leib Christi bezeichnet wird. Sie haben zwar wesentliche Teile ihres Glaubens an Jesus gemeinsam, unterscheiden sich aber dennoch in sehr vieler Hinsicht, so dass sie in der Geschichte wohl nur sehr kurz eine einheitliche Gruppe waren und danach niemals wieder zur Einheit zurück fanden.

Am Anfang musste diese kleine Gruppe sich erst innerhalb des Judentums abgrenzen und behaupten, dann verließ sie die Grenzen des Judentums, wurde zahlreicher, wurde von der römischen Staatsmacht verfolgt, weil sie als gefährlich eingestuft wurde, wurde dann aber von derselben Staatsmacht als stabilisierend erachtet und zuletzt als alleiniges Bekenntnis göttlichen Wirkens gesetzlich vorgeschrieben. Das war ein beispielloser Erfolg. Ob Jesus sich das wohl so vorgestellt hatte?

Aufgrund vieler mehr oder weniger grundsätzlicher Differenzen, die sich im Laufe der Geschichte entwickelten, teilt sich die wahre, allumfassende Kirche in der Realität in verschiedene Kirchen und Konfessionen auf.  Ihre Zahl ist sehr groß und sie sind im Detail oft sehr schwer voneinander abzugrenzen. Alle behaupten von sich jedoch, dass sie Jesu Willen befolgen und seine Lehre getreu bewahren und in der Welt verkünden. Sie wollen durch ihr Beispiel Vorbild sein und hoffen, dass sich am Ende alle Menschen ihnen anschließen mögen. Sie behaupten ferner, dass sie unter dem Schutz Gottes stehen und ihre Entwicklung von Gott gewollt und gelenkt wird.

Die weitaus größte Gruppe dieser Art, welche annähernd die Hälfte der Christenheit  repräsentiert, wird als Römisch-Katholische  Kirche bezeichnet. Sie hat eine sehr gefestigte Struktur, an deren Spitze eine einzelne Person steht, die als Papst bezeichnet wird, und hat ihren Sitz in Rom, der ehemaligen Hauptstadt der antiken Welt. In der Geschichte besaß sie zeitweise sehr große Macht und agierte lange Zeit ebenbürtig mit den weltlichen Mächten.  Sie hat jedoch immer sehr viele innere Richtungskämpfe auszuhalten und man kann keineswegs behaupten, dass alle, die formell ihre Mitglieder sind, auch tatsächlich denselben Glauben teilen. Der Papst wird von den meisten Mitgliedern in der Regel sehr verehrt und alle hoffen, dass er wenigstens die Einheit der katholischen Kirche erhalten möge. Es herrschen jedoch sehr unterschiedliche Meinungen darüber, wie er dies tun soll und welchen Änderungswünschen er mehr oder weniger Raum geben sollte.

Das Neue Testament (NT)

Alle Aussagen über Jesus stammen aus genau 27 Schriften seiner frühesten Anhänger, welche alle in der griechischen Umgangssprache des östlichen Mittelmeerraums geschrieben wurden und sich offensichtlich an Leser in der jüdischen Diaspora richteten, welche selbst einen mehr oder weniger jüdischen Hintergrund hatten und bereits mehr oder weniger schon Jesu Anhänger waren. Man nennt sie zusammen den „Neuen Bund“ (Gottes mit den Menschen) zur Unterscheidung vom „Alten Bund“ (Gottes allein mit den Juden). Statt des griechischen Wortes für Bund hat sich im Christentum das lateinische Wort Testament durchgesetzt.

Die Schriften des neuen Testaments gliedern sich in drei verschiedene Gruppen, die meist zusammen in gemeinsamen Manuskripten zusammengefasst wurden.

Das NT beginnt mit den vier kanonischen Evangelien nach Matthäus, Markus, Lukas und Johannes. Obwohl die Evangelien am Anfang moderner Bibelausgaben stehen, sind sie doch erst nach den Paulusbriefen entstanden. Inhaltlich wollen sie der guten Nachricht (εὐαγγέλιον Evangelium) von der Versöhnung der Menschen mit Gott in Jesus Christus Ausdruck geben. Dazu sammeln sie Reden und Begebenheiten hauptsächlich aus der Zeitspanne vom ersten öffentlichen Auftreten Jesu bis zu seinem Tod und der Auferstehung. Die Darstellung der letzten Tage bis zu seiner Kreuzigung ist besonders ausführlich. Enthalten sind viele Sprüche und zusammengefasste Reden sowie Wundergeschichten, theologische Deutungen, Parabeln und Dialoge zwischen Jesus, seinen Anhängern und seinen Gegnern und Geschichten über seine Auferstehung von den Toten.

Danach folgt die Apostelgeschichte des Lukas, welche sein Evangelium fortsetzt. Es beschreibt die Anfänge der frühchristlichen Gemeinde bis hin zu den Missionsreisen des Paulus.

Danach folgen die 13 Briefe des Paulus und seiner Schule, von denen 7 tatsächlich dem Paulus zugeschrieben werden und die älter als die Evangelien sind.

Es folgen der Hebräerbrief, der als einziger keinen Autor namentlich nennt und 7 weitere Briefe, die verschiedenen Aposteln zugeschrieben werden.

Das NT wird abgeschlossen durch die sog. Apokalypse oder die Geheime Offenbarung des Johannes, mit dem nicht der Autor des Johannes Evangeliums gemeint ist.

Das älteste derzeit bekannte Schriftfragment stammt etwa aus dem Jahr 125 und enthält wenige Worte aus dem Johannes Evangelium.

 

Die Lehre Jesu

Es gibt einen Kern von Lehren, auf den sich vermutlich alle Christen ohne Weiteres einigen können. Jesus lehrte alle Menschen, Gott zu ehren, den Sinn seiner Gebote zu verstehen (und nicht nur den Wortlaut der Gesetze) und sie zu befolgen. Vor allem aber sollten sie sich für ihre Mitmenschen mit Liebe und Wärme einsetzen, insbesondere für die Armen, Schwachen und Rechtlosen, was vor allem auch Frauen und Kinder betraf, deren Stellung er wesentlich stärker betonte als es damals im jüdischen Leben üblich war. Er fasst dies alles in die kurzen Worte: „Was ihr den geringsten eurer Mitmenschen getan habt, das habt ihr mir getan“.

Aber gerade dies ist eine Forderung, gegen welche auch die gläubigsten Menschen am häufigsten verstoßen. Man könnte sie modern gesprochen als Ruf nach sozialer Gerechtigkeit deuten. Sie stellt eben kein sehr praktikables Gebot dar, sondern muss als ethisches Ideal, als eine Leitlinie angesehen werden. Jesus scheut sich jedoch nicht, seine Zeitgenossen (und somit auch uns) aufzurütteln und festgefahrene Gewohnheiten immer wieder zu überprüfen und auch notfalls zu ändern.

Der jüdische Hintergrund

Jesus war ein streng gläubiger Anhänger des mosaischen Glaubens, wie er in der jüdischen Tora, den Psalmen und Propheten beschrieben wird, und seine ersten Anhänger waren dies auch. Es waren Männer und Frauen. Sie verstanden ihn und seine Lehre von Gott und seinem „Reich“ als Aktualisierung und Wiederbelebung ihrer eigenen überlieferten Glaubenshoffnungen. Sie achteten Jesus gemäß ihrer eigenen Tradition als Rabbi, das ist ein Gelehrter, der die heiligen Schriften kennt und zu erklären versteht. Jesus wählte einen kleineren Kreis von Anhängern (Aposteln) aus, welche er wie ein Rabbi seine Schüler in Vielem unterwies. Ihre Zwölfzahl ist möglicherweise symbolisch und erinnert an die ehemaligen Stämme Israels, da die Überlieferungen sich hinsichtlich ihrer Namen widersprechen. Einige Anhänger von ihm sahen ihn in der Tradition ihrer Propheten stehend, manche sogar als den wiedergekommenen Elija, der im Volk als Ankünder des Endgerichts und des Weltendes erwartet wurde.

Einige seiner Anhänger erwarteten von Jesus schon, dass er selbst der von den Propheten verheißene endzeitliche Retter Israels und der Welt war. Viele trugen sehr konkret die Erwartung einer Befreiung von römischer Fremdherrschaft an Jesus heran. Eine Menge von Festpilgern, die zur Feier des Pessach Festes in Jerusalem weilte, bejubelte seine Ankunft als „Sohn Davids“, ein Titel, der dem Befreier gewohnheitsmäßig zukam. Die Juden nannten diesen Befreier Messias, was griechisch durch Christus wiedergegeben wurde. Die jüdische Tradition war jedoch nicht sehr klar in ihrer Vorstellung, wie denn der Befreier kommen und wie er vorgehen würde, mit einem Wort, woran man ihn zweifelsfrei erkennen könnte.

Jesus selbst hatte politische Aussagen jedoch immer vermieden. Er kritisierte jedoch mutig die herrschende Elite, welche sich an die Herrschaft der Römer angepasst hatte, die Bedürfnisse des Volkes und weitgehend Gottes Willen ignorierte und den Tempel in Jerusalem kontrollierte.

Jesus betonte immer wieder das soziale Gewissen der Menschen und wies unentwegt auf die Armen, Leidenden und Rechtlosen hin. Er hielt sich oft bei Menschen auf, die von der Mehrheit ausgegrenzt wurden. Er versicherte, dass Gott auch reuigen Sündern gegenüber barmherzig sein kann und dass er die Gerechten nach ihrem Tod und nach dem Ende der Welt und aller Zeit zu sich in sein Reich und seine Herrlichkeit aufnähme.

Seine Hauptgegner, die Sadduzäer, bekämpften ihn als falschen Propheten, warfen ihm Selbst­überhöhung vor, der die Gesetze Gottes, des Tempels und  Israels übertrat, und denunzierten ihn bei der Besatzungs­macht als Aufwiegler, der den Frieden störte. Der römische Statthalter Pontius Pilatus verurteilte ihn zum Tod durch Kreuzigung.

Der Erlöser

Sein qualvoller Tod wird als eine Gott gefällige Tat der Erlösung angesehen, durch die er als Stellvertreter die gesamte Menschheit vor Gott von ihrer gewaltigen Sündenschuld befreite. Es ist jedoch so, dass Einzelne für ihre Sünden, die sie nicht bereuen, weiter unnachsichtig und gerecht bestraft werden. Sie dürfen jedoch durch die Tat Jesu auf Gottes Vergebung hoffen, sofern sie ehrlich darum bitten. Ohne Jesus wäre diese Hoffnung vergeblich.

Dass Jesus sein Erlösungswerk verrichten konnte, war nicht sein eigenes Werk, sondern geschah nach Plan und im Auftrage Gottes, der ihn genau zu diesem Zweck Mensch werden ließ. Denn Jesus war kein normaler von zwei menschlichen Eltern gezeugter Mensch, sondern er war Gottes „Sohn“, der zwar von einer Frau geboren wurde, aber dessen Zeugung im Mutterleibe durch einen Eingriff Gottes selbst geschah.

Diese Aussage kann man zwar nicht durch Worte von Jesus selbst belegen, soweit wir sie zu kennen glauben, und es ist unklar, ob sie die frühe Christengemeinde in Jerusalem auch schon glaubte. Aber mit der Verbreitung in die griechische Welt hinein durch die Evangelien ist sie plötzlich da und seitdem unverrückbar erhalten geblieben.

Geburt von der Jungfrau Maria

Ob sie nur ein „Kunstgriff“ war, um Jesu Prestige in einer antiken Welt, die von Göttern, Halbgöttern, Übermenschen, Helden und Dämonen durchdrungen war, zu steigern, und das eigene Prestige gleich mit, oder ob sie tatsächlich „wahr“ ist, wurde viele Jahrhunderte überhaupt nicht diskutiert. Schon der leiseste Zweifel daran wurde mit Härte verfolgt und konnte tödlich enden. Erst mit Beginn der Aufklärung in Europa um 1750 änderte sich dies. Heute fragen sich viele: „Warum ist denn das so wichtig?“, aber in die offiziellen Lehren der meisten Kirchen hat diese Lockerung noch keineswegs Einzug gehalten.

Wir wissen zum Beispiel heute (seit 1905 bzw. 1933), da wir über moderne Medizin und Zellbiologie verfügen, dass Jesus in jeder Zelle seines Körpers von seiner Mutter ein X- und von seinem unbekannten „Vater“ ein Y-Chromosom besessen haben muss. Oder hat Gott zwei Chromosomensätze der Mutter verbunden und in einem das X gentechnisch in ein Y umgewandelt? Diese Frage wird hier nicht gestellt, um die christliche Überlieferung lächerlich zu machen, sondern in der Erwartung, dass die moderne Kirche doch einmal eine Äußerung dazu abgeben müsste. Aber obwohl es Hunderte von Seiten „im Netz“ dazu gibt, scheint die gesamte Theologie dazu zu schweigen.

 

 

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