Normalität ist auch eine Waffe

Alles wird gut! Nur ruhig bleiben. Panik ist jetzt völlig fehl am Platze. Wenn wir uns jetzt streiten, wird es auch nicht besser.

Dieser Krieg ist kein Videospiel

Obwohl es schwerfällt zu glauben, gibt es ukrainische Sportler:innen, die an internationalen Wettkämpfen teilnehmen und auch Erfolg haben. Die Paralympics waren ein Beispiel und bald steht die Hallen-WM der Leichtathletik in Belgrad an. Wie ist das möglich, fragen wir uns erstaunt. Aber die Antwort ist einfach. Jede Medaille, jedes Interview hilft ihrem Land. Obwohl natürlich nicht damit zu rechnen ist, dass russische Staatsmedien auch nur eine einzig ukrainische Sportlerin in Wort und Bild senden werden. Männliche Sportler sind eher rar, weil diese lieber zu Hause bei der Gegenwehr des Landes mithelfen.

Wer nichts tut, hilft dem Krieg, sagen sie in den Interviews. Der Krieg ist real und die Angriffe gehen von Russland aus. Je öfter das gesagt und in der Welt gehört wird, desto besser nützen sie ihrem Land als Botschafter. Die schrecklichen Bilder aus der Heimat sind echt. Sie kommen nicht aus Hollywood und entstammen keinem Videospiel. Der Appell geht an Russland: sofort aufhören! Und an die Welt: weder mit Worten noch mit Taten dieses Vergehen akzeptieren.

Russische Medien präsentieren auch gerne Sportler. Sie sagen, was die Regierung gerne hört: es gibt keinen Krieg.

Schreiben als Ersatzhandlung

Die Presse überschwemmt uns mit Berichten, die zu einem großen Teil leider auch Meldungen enthalten oder Themen betreffen, die schlicht peinlich sind. In Kiew, das ja nur gut 1.200 km östlich von Berlin liegt, werden Wohnblocks und zivile Einrichtungen beschossen, draußen vor Kiew werden Blockaden errichtet, um den Angriffskonvoi aufzuhalten, während in Berlin Straßen blockiert werden. Warum? – Eine Friedensdemo? Nein – eine Klimademo.

Viele Autoren schreiben sich ihre Verzweiflung von der Seele. Sie schreiben Artikel, Leserbriefe oder Blogs, so wie diesen. Bringt das etwas?

Unsere Online Portale füllen sich zunehmend mit Beiträgen, die inhaltlich eigentlich nichts mehr bringen. Sie lenken nur ab, wenn man nach den neuesten Nachrichten sucht. Warum sind die Redaktionen nicht fairer? Wenn es eine kurze Zeit lang mal wirklich keine neue Nachricht gibt, kann man das doch auch klar sagen. Statt dessen wird halt irgend etwas präsentiert.

Und die Werbung ist natürlich unangenehm. Können die Plattformen nicht wenigstens einmal aus gutem Anlass nicht einmal nur die reine Information vermitteln? Was sagt das über unser Wertesystem aus?

Was sind westliche Werte?

Ich habe eine kluge Meinung gelesen, wir würden unter westlichen Werten im Wesentlichen doch nur den DAX verstehen. Es ist viel Wahres daran. Die obige Werbebesessenheit gibt ein beredtes Zeugnis davon. Der ukrainische Präsident nannte es in seiner Rede vor dem deutschen Bundestag „Wirtschaft, Wirtschaft, Wirtschaft“. Wir rücken unser Befinden gerade auf peinliche Weise in den Mittelpunkt, etwa indem wir über die Pendlerpauschale oder eine andere Subventionierung des Benzinpreises reden. Die Menschen in der Ukraine wären glücklich, wenn sie überhaupt arbeiten könnten und nicht kämpfen müssten. Wir hören uns Prognosen an, dass unser Wirtschaftswachstum von 6% um die Hälfte auf 3% einbrechen wird. Meine Güte! – Dass unsere Wirtschaft überhaupt noch läuft, sollte uns glücklich machen. Die Ukraine würde sofort mit uns tauschen, wenn sie könnten. Dort läuft so gut wie nichts mehr.

Neues aus Belarus

Aus dem unmittelbaren Nachbarland der Ukraine hören wir nichts. Der belarussische Autor Alhierd Bacharevič bittet jedoch im Namen seines ganzen Volkes in einem offenen Brief um Verzeihung. Er mahnt zu Recht, dass gerade jetzt keine Feindschaft zwischen beiden Völkern wachsen sollte. Seine Heimat schämt sich genauso wie die Teile des russischen Volkes, welche mehr wissen, als die Staatsmedien erlauben. Aber auch in seinem Land gibt es keine Freiheit, keine freien Berichte aus dem Kriegsgebiet. Es als ganzes als „Fleck der Schande“ zu betrachten, wäre jedoch grundfalsch. Die Belarussen leben jetzt in derselben Leere wie wir alle – zwischen Licht und Dunkelheit. Wenn die gemeinsamen Feinde, welche Belarus und die Ukraine haben, sehen, dass der Hass wächst, lächeln sie zufrieden. Diese Genugtuung sollten sie nicht haben.

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