Ökumene

Ist das vielleicht die Lösung?

Die katholische und die evangelische Kirche haben in Deutschland und in der Welt viele gemeinsame Probleme:

Gläubige und Priester werden weniger, Geld wird knapper.

Man muss in jeder Hinsicht Ansprüche zurückfahren, den Gürtel enger schnallen, die Zukunft überdenken. Da läge doch nichts näher als, sich zusammen zu tun.

Wenn schon Kirchen aufgegeben werden müssen, weil das Geld nicht mehr ausreicht, sie auf Dauer zu erhalten, könnte man sie und ihre Gemeindegebäude doch in Zukunft gemeinsam nutzen und sich die Kosten teilen.

Wir wollen an dieser Stelle einmal kurz beleuchten, welche Stolpersteine auf diesem Wege liegen.

Was ist denn Ökumene?

Kirchenmitglieder vor Ort stellen sich Ökumene meistens sehr konkret vor:

  • Gemeinsame Feier des Abendmahls bzw. der Messe durch evangelische und katholische Priester, etwa an hohen Festtagen oder zu besonderen Anlässen
  • Empfang von Brot und Wein
  • Feiern von Taufen, Trauungen und Beerdigungen oder des Schulanfangs oder Schul­abgangs.

Das sind sicher sehr naheliegende Wünsche und oft ist die Enttäuschung groß, dass man nicht längst schon viel selbstverständlicher miteinander umgeht.

Offiziell hat Ökumene einen etwas anderen Anstrich. Wie es heißt, strebt man  nach Einheit über nationale und konfessionelle Grenzen hinweg. Das soll sich vor allem wie folgt äußern:

  • Gemeinsames Handeln in der Mission
  • Einheit in der Verkündigung von Jesus Christus
  • Gemeinsamer Dienst an der Welt

Es gibt eine Vielzahl von Einrichtungen oder von Maßnahmen, die sich nicht konfessionsgebunden verstehen, etwa die Gemeinschaft von Taizé. Ja – auch die bekannten Schilder


sind ökumenisch. Vieles ist schon selbstverständlich geworden, was vor 100 oder 200 Jahren noch völlig undenkbar war. Daneben wird die ökumenische Bewegung auch von zahlreichen Basisinitiativen getragen. Die weltweit größte ökumenische Basis­bewegung ist beispielsweise der von Frauen in aller Welt gestal­tete Welt­gebets­tag, der früher den Zusatz „der Frauen“ trug.

was sind die Probleme?

Das Ziel der ökumenischen Bewegung zu formulieren, wird von Vielen, vor allem von Theologen und Bischöfen, selbst als Teil des Prozesses angesehen. Das heißt im Klartext, sie fühlen sich eigentlich „unwohl“ dabei. Da gerade die katholische Seite sehr stark von „oben nach unten“ organisiert ist, führt dies dazu, dass vor Ort häufig ganz starke Unsicherheit darüber besteht, was eigentlich noch „geht“ oder schon nicht mehr geht. Allerdings antworten auch viele Bischöfe auf Anfragen ihrer Pfarrer schon zunehmend mit „macht einfach mal – wir werden dann schon sehen“.

Es setzt, jedenfalls nach Meinung „maßgeblicher“ Stimmen, eigentlich einen gemeinsamen Kirchen­begriff voraus, der nicht einfach gegeben ist. Gewöhnlich wird als Leitbild eine organisatorische Zusammenführung der Kirchen, die gegenseitige Anerkennung ihrer rechten Lehre und die gemeinsame Feier des Herrenmahls angesehen. Doch das ist ein ganz umstrittenes Ziel. So erklärt sich das „Schneckentempo“, das so viele „einfache“ Gemeindemitglieder immer wieder irritiert, weil es den offiziellen Bekundungen, wie wichtig und dringend das Thema sei, so völlig widerspricht.

Auch innerhalb der ökumenischen Bewegung werden immer wieder Stimmen laut, die eine Ökumene des Konsenses ablehnen und mehr eine Ökumene „der Freiheit“ fordern, welche damit verbunden ist, dass jede Kirche notwendigerweise das Recht haben muss, ihre eigenen Positionen zu vertreten.

Dieses Umdenken basiert aber mehr auf einem protestantischen Kirchenbegriff, der kirchliche Einheit wesentlich, nicht nur vorübergehend, als eine geistliche Zielvorstellung begreift. Andererseits erwartet der römisch-katho­lische Kirchen­begriff eine Kirche des Glaubens­bekenntnisses, in welchem sie – wenn auch durch Spaltungen geschwächt und verdunkelt – fortbesteht. Deswegen erhebt der Heilige Stuhl den Anspruch, die Stimme der Kirche zu repräsentieren. Weitere Schwierigkeiten bestehen u. a. darin, dass der Papst auch Oberhaupt eines weltlichen Staates ist, was seine Amtsführung beeinflusst.

Daneben gibt es noch die bekannten „Reizthemen“ zwischen den Konfessionen und innerhalb der einzelnen Kirchen, nämlich: Frauenordination, Homosexualität, Schriftauslegung, Zölibat, Missbrauch.

Man versteht sich nicht

Katholische und evangelische Gemeindemitglieder besuchen sich zwar gerne gegenseitig bei Gemeindefesten, haben aber in den einfachsten Dingen die größten Unklarheiten. Das beginnt schon mit dem Namen. Katholiken halten regelmäßig lutherische, reformierte und andere „Protestanten“ schnell und einfach für „ein und dasselbe“. Sie sind erstaunt darüber, dass etwa die Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa (GEKE) ein Zusammenschluss von 105 Kirchen ist, mit gegenseitiger Kanzel- und Abendmahlsgemeinschaft. Grundlage der Konkordie ist die Einsicht, dass Bekenntnisverschiedenheit nicht notwendigerweise eine Kirchentrennung bedeuten muss. Evangelische Kirchen, die (wie Mennoniten und Baptisten) die Kinder­taufe ablehnen und Personen, die lediglich als Kleinkinder getauft wurden, zur Aufnahme in ihre Gemeinden „wiedertaufen“, können dieser Gemeinschaft nicht beitreten.

Gut – für eine lebendige Ökumene vor Ort muss man ja nicht gleich alle internationalen Fragen im Blick haben. Somit würde es vollkommen ausreichen, seine konkrete evangelische Nachbargemeinde besser zu kennen.

Was könnte man da tun? Am besten vielleicht einmal öfter den dortigen Gottesdienst besuchen – etwa auch am Reformationsfest am 31. Oktober.

Aber das allein wird sicher nicht ausreichen. Wer wirklich Gräben zu unseren evangelischen Mitchristen zuschütten will, geht die Gefahr ein, neue Gräben im eigenen Bereich aufzureißen. Schon jetzt werden viele katholische Diskussionen von manchen ganz einfach abgeblockt mit der These, die Katholische Kirche würde dadurch doch immer „protestantischer“ und man würde den eigenen unverwechselbaren „Markenkern“ aufgeben. Ja – was kann man darauf antworten? Ob Gott wohl darauf achtet, welcher Stempel unter dem Taufzeugnis eines Menschen steht?

Aufeinander zugehen

Vielleicht wäre es wichtig, dass wir die Gewohnheit aufgeben, immer alles so ganz fest und einheitlich regeln zu wollen. Etwa die Kleidung der Person, die einem Gottesdienst vorsteht. Muss man beim Empfang der Eucharistie glauben, dass Jesu Fleisch und Blut jetzt ganz „wirklich“ im Brot und Wein anwesend sind? Welche tiefe philosophische Bedeutung von „Wirklichkeit“ haben wir gemeinsam oder nicht gemeinsam? Oder genügt der Glaube, dass Jesus einfach in unserer „Mitte“ ist? Ist es notwendig, zu glauben, dass der Messfeier ein (männlicher) Priester vorsteht, der durch seine „Weihe“ ein unauslöschliches Merkmal bekommen hat, welches ihn lebenslang von einem „Laien“ unterscheidet, oder tritt er einfach zurück ins Volk, wenn er sein Amt abgibt oder sogar wegen eines Vergehens verliert?

Das und viele mehr sind Fragen über Fragen, die bis zum Jüngsten Tag nicht alle ausgelootet werden können. Es stellt sich allerdings die Frage, ob man unbedingt einer „Kontroverstheologie“ folgen sollte, die vorrangig die Unterschiede betont. Die Antwort kann eigentlich nur Nein lauten. Wir sollten so viel es geht komplementär und gegenseitig bereichernd auffassen.

Papst Franziskus hat den Klerikalismus der gegenwärtigen Römisch-Katholischen Kirche sehr engagiert beklagt und muss sich dafür aus eigenen Reihen die heftigsten Vorwürfe gefallen lassen. Er empfiehlt ihr die Synodalität als den richtigen Weg in die Zukunft.

Was meint Synodalität?

Was meint der Papst denn mit Synodalität? Sollte vielleicht eine jährlich wiederkehrende Versammlung (Synode) die höchste beschlussfassende Instanz der Kirche sein, mit einem gewählten Präsidium für das Tagesgeschäft zwischen den Synoden und einem ebenfalls gewählten Präses? Letzterer könnte ja durchaus den Titel „Papst“ tragen. Aber er wäre dann nicht mehr der absolute auf Lebenszeit ernannte Monarch, sondern seine Amtszeit wäre genauso begrenzt wie die aller anderen Amtsträger, er könnte abgewählt werden und sogar zurücktreten. Kardinäle und Konklave wären ab sofort überflüssig. – Welche Freiheit!

Evangelische Christen kennen das Prinzip in- und auswendig. Es funktioniert seit Jahrhunderten. Wie sagte doch schon der Apostel Paulus: prüfet alles und behaltet das Gute!


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