Schlüsselzuweisungen

Diesen Begriff muss man unbedingt kennen, wenn man den Haushalt einer Pfarrei betrachtet. Er stellt das A und O jeglicher Planung dar, weil er die wesentliche Quelle der Einnahmen jeder Pfarrei bedeutet. Das Bistum berechnet seinen Wert für jede Pfarrei jedes Jahr neu. Lesen Sie hier, wie das geschieht.

Zuständig für dieses Thema ist der Bereich Wirtschaftliche Entwicklung der Kirchengemeinden in der Verwaltung, dessen besonderes Anliegen es ist, „die Zusammenarbeit partnerschaftlich und vertrauensvoll zu gestalten“. Dazu bietet der Bereich „Beratung und Unterstützung in allen Fragestellungen und Projekten der Pfarreien an“: so auch „Ermittlung und Bereitstellung der Schlüsselzuweisung“. Sehr schön. Leider findet sich auf der obigen Internetseite keine weitere Info.

Richtlinie

Rechts­grundlage für die Schlüsselzuweisungen (SZW) ist die vom Bischof erlassene Richtlinie zur Berechnung der Schlüssel­zuweisung für die Kirchengemeinden im Bistum Essen vom 25.11.2015, gültig ab 01.01.2016.

Die Geldmittel stammen laut Richtlinie ausdrücklich aus der eingenommenen Kirchen­steuer­. Außerdem zieht das Bistum die Gemeinden noch mit einem Solidarbeitrag zur gemeinsamen Finanzierung heran. Auf den Solidarbeitrag gehen wir später ein. Die Mittel aus der Schlüsselzuweisung sind ausdrücklich für das nicht-pastorale Personal und die Sachkosten bestimmt. Baukosten sollen daraus nicht bestritten werden. Das pastorale Personal der Pfarrei wird ohnehin direkt vom Bistum bezahlt.

Die „Formel“

Zunächst wird die maßgebliche Anzahl Katholiken bestimmt. Dies ist laut Richtlinie ­der Durch­schnitt, der sich zum 31. Dezember des „Bemessungs­jahres“ und den vier vorangehenden Jahren aus der im amtlichen Melderegister geführten Katholikenzahl ergibt. Und das Bemessungsjahr ist nicht etwa das Jahr, für das die Schlüsselzuweisung berechnet werden soll, das „Planjahr“, sondern liegt zwei Jahre früher.

Anzahl der Katholiken multipliziert mit 15,3 ergibt den Grundbetrag.
Anzahl der Katholiken multipliziert mit 0,3 ergibt den Gremienzuschlag.
Anzahl der Katholiken multipliziert mit 5,0 ergibt den Gebäudezuschlag.
Die Fläche der Pfarrei (km2) multipliziert mit 500 ergibt den Flächenzuschlag.
Anzahl der fremdsprachlichen Gemeinden in der Pfarrei multipliziert mit 26.000 ergibt den Gemeindenzuschlag.

Als muttersprachliche Gemeinde im Sinne dieser Berechnung gilt eine muttersprachliche Gemeinde mit einer Kirche, welche ausschließlich von muttersprachlichen Gemeinden genutzt wird. Teilen sich mehrere muttersprachliche Gemeinden eine Kirche, so kann pro Kirche nur einmal die Punktzahl vergeben werden.

Alle Zuschläge werden aufaddiert und ergeben eine Punktzahl. Diese wird mit einem Punktwert multipliziert und ergibt den Geldwert der Schlüsselzuweisungen.

Der Punktwert lag für viele Jahre immer bei 1,0 € pro Punkt. Das Bistum legt ihn jährlich nach den Haushaltsberatungen immer wieder neu fest und veröffentlicht den Wert im Kirchlichen Amtsblatt. Für das Jahr 2021 wurde er erstmals auf 1,1 € pro Punkt angehoben. Eine Anhebung des Punktwertes stellt eine sinnvolle Möglichkeit dar, die Pfarreien stärker an der Kirchensteuer zu beteiligen.

QUELLE: Kirchliches Amtsblatt
Beispiel

Eine durchschnittliche Pfarrei des Bistums hat etwa eine Fläche von 46,1 km² mit 16.573 Mitgliedern bzw. 18.404,1 maßgeblichen Katholiken und einer fremdsprachlichen Gemeinde. Eine solche gibt es im Bistum praktisch gar nicht, denn die meisten haben entweder deutlich weniger Fläche oder deutlich mehr Mitglieder. Recht nahe kommt ihr St. Peter und Paul in Hattingen. Für diese ergäbe sich in 2022 bei einem Punktwert von 1,13 folgende Zuweisung:

Berechnung für eine typische Pfarrei
Summe der Zuweisungen auf Bistumsebene

Theoretisch könnten wir Schlüsselzuweisungen für alle Pfarreien des Bistums ermitteln und diese aufsummieren. Da jedoch die Gesamtfläche des Bistums (1.891 km2) bekannt ist, und die Gesamtanzahl seiner Mitglieder bzw. maßgeblichen Katholikenanzahl ebenfalls, und ferner 39 fremdsprachliche Gemeinden existieren, können wir die obige Berechnungsformel auch direkt auf das Gesamtbistum anwenden und müssten theoretisch dasselbe Gesamtergebnis erhalten. Dies ist in der folgenden Tabelle dargestellt.

Schlüsselzuweisungen Bistum gesamt 2016 – 2023

Daraus geht z. B. hervor, dass alle Pfarreien zusammen im Jahr 2022 die Summe von 19,8 Mio € Schlüsselzuweisungen erhalten haben und in 2023 ebenfalls darüber verfügen werden. Das sind keine sehr hohen Beträge! Wenn man sie durch die Anzahl von 41 XXL Pfarreien des Bistums dividiert (es gibt nur noch eine S-Pfarrei: den Wallfahrtsort Bochum-Stiepel), so entfallen gerade einmal gut 483.800 € auf jede. Im Vergleich zu den von 172 Mio € auf 193 Mio € gestiegenen Kirchensteuern fallen diese Summen schon recht bescheiden aus. Hätte das Bistum den Punktwert nicht erhöht, wären die Zuweisungen sogar abgesunken. Das Bistum versorgt seine Pfarreien nicht gerade üppig!

Reiche Pfarreien – Solidarbeitrag

Es gibt Pfarreien, so weiß auch der Bischof, die sind vermögender als andere. Das ist historisch begründet und sehr unterschiedlich. Der Bischof hat daher das Ziel, die unterschiedliche Vermögenssituation der Kirchengemeinden bei der Finanzierung der Schlüsselzuweisung angemessen zu berücksichtigen. Hierzu führt er einen Solidarbeitrag ein.

Dazu betrachtet er das gesamte Vermögen einer Pfarrei, welches nicht für den pastoralen Dienst verwendet wird. Was kann das sein? Nun – eben alles, was nicht Kirche, Gemeindeheim oder Pfarrhaus ist, also etwa Wohn- und Geschäftshäuser, bebaute oder unbebaute Grundstücke, sowie auch in Wertpapieren und Beteiligungen angelegtes Geld. Das nennt man nicht pastoral genutzte Grundstücke und Immobilien sowie kapitalbasiertes Stammvermögen. Es handelt sich nicht unbedingt um Reinvermögen, sondern auf den Immobilien können auch noch Darlehen lasten.

Das Immobilienvermögen besitzt einen Nettobuchwert (d.h. abzüglich Darlehen). Davon beansprucht der Bischof einen Solidarbeitrag in Höhe von 1,75%. Das ist nicht wenig. Wenn unsere obige Durchschnittspfarrei etwa 27 Mio € an Immobilien hätte, dann bekäme sie keine Schlüsselzuweisungen mehr.

Aber auch das kapitalbasierte Stammvermögen wird herangezogen. Dieses belastet der Bischof mit dem durchschnittlichen Zinssatz für zehnjährige Bundesanleihen, wobei man mit dem Bemessungsjahr beginnt und dann zehn Jahre zurückrechnet. Konkret bedeutet dies, dass sich im Jahre 2023 der durchschnittliche Zinssatz aus den Jahren 2012 bis 2021 berechnet.

Solche Bundesanleihen sind beliebte Finanz­instrumente und dienen in der Finanz­wirtschaft oft als Referenz­werte. Obgleich die Deutsche Bundesbank diese Zinssätze tages­aktuell veröffentlicht, erfordert es Spezial­kenntnisse, aus deren Daten den vom Bischof geforderten Durch­schnittssatz zu berechnen. In den Jahren nach 2010 und im September 2023 lang der Wert in der Nähe von 2,7%, war aber in der Niedrigzinszeit auch schon negativ. In einer Pfarrei dürfte es kaum eine Person geben, die das exakt berechnen kann. Da ist dann schon die „partnerschaftliche und vertrauensvolle Zusammenarbeit“ mit der oben genannten Abteilung des Bistums gefragt.

Aber egal um welche konkreten Geldbeträge es auch geht, kann man leicht einen qualitativen Schluss ziehen:

eine Pfarrei muss ihr Geld schon besser angelegt haben, als in Bundespapieren, wenn sie aus ihren Anlagen irgend einen finanziellen Ertrag für sich selbst behalten will.

Auch das ist eine gewaltige Herausforderung. Insgesamt nimmt der Solidarbeitrag den Pfarreien durch die Hintertür einen großen Teil dessen wieder weg, was ihnen die Schlüsselzuweisung durch die Vordertür zukommen lassen soll. In welcher Höhe die Pfarreien davon betroffen sind, lässt sich in transparenter Weise nicht dokumentieren. Dazu wäre es notwendig, dass die Pfarreien ihre eigenen Jahresbilanzen nicht nur bis zum 15.11. beim Bistum einreichen, sondern auch veröffentlichen. Aber nicht einmal in ihren Voten zum Pfarreientwicklungsprozess (PEP), in denen es immerhin um so wichtige Dinge wie Aufgabe oder Erhalt von Kirchen ging, waren die Pfarreien bereit, ihr Vermögen so weit offen zu legen.

Geltung der Richtlinie

Obwohl der Bischof die Richtlinie zur Berechnung der Schlüsselzuweisung bereits für das Haushaltsjahr 2016 in Kraft gesetzt hat, enthält sie für bestimmte Teile großzügige Übergangsbestimmungen, die fünf bis sieben Jahre währen. Diese betreffen in der Hauptsache die Berechnung des Solidarbeitrags. Erst ab dem Planungsjahr 2021 gilt die Richtlinie uneingeschränkt. Aus diesem Grunde ist mehr als die halbe obige Tabelle auch rot. Das Bistum bewahrt die Pfarreien bis zum Jahr 2020 durch Ausgleichszahlungen außerdem davor, dass sie wesentlich weniger als in 2013 erhalten.

Das sind schwer verständliche Bestimmungen. Im jährlichen Finanzbericht des Bistums kommt der Begriff Schlüsselzuweisung mit keinem Wort vor und es werden auch keine Erläuterungen dazu gegeben. Bei den Ausgaben erscheint lediglich der Begriff „pfarrlicher Bereich“ mit vier Positionen, die jedoch schwer zu erklären sind. Das Bistum wird seinem oft bekundeten Ziel der Transparenz alles andere als gerecht.

Zuweisungen zum „Pfarrlichen Bereich“ in den Finanzberichten des Bistums
Kirchen erhalten kostet Geld

Keine Pfarrei kommt mit den Schlüsselzuweisungen allein zurecht. Nach den Vorstellungen des Bistums sind die Pfarreien nämlich auch für die Rücklagenbildung zum Erhalt ihrer Kirchen zuständig. Deren Höhe ist vom Typ, Alter und Größe des Gebäu­des abhängig. Das gilt für Kirchen, Versammlungsräume und Pfarrhäuser. Wenn in Zukunft eine größere Reparatur oder Renovierung anfällt, finanziert allein die Pfarrei deren Kosten aus der Rücklage. Eine Beteiligung des Bistums an der­artigen Instandsetzungen ist in der Regel nicht mehr vorgesehen.

Für eine große historische Kirche (Baujahr vor 1900) etwa soll die Rücklage 43.000 € im Jahr, für eine kleine 25.000 € und für eine Nachkriegskirche 19.000 € seinDiese Rücklagen gab es in der Vergangenheit nicht. Die üblichen Erträge einer Pfarrei bestehend aus den Schlüssel­zuweisungen, den Erträgen aus eigenem Vermögen und den Spenden und Kollekten, reichen zur Bildung der Rücklagen nicht aus. Der Haushalt würde einen Fehlbetrag ausweisen.

Das Bistum sieht eine Beteiligung an der Mitfinanzierung der Instand­haltung vor. Diese ist ein zusätzlicher Ertrag der Pfarrei und soll helfen, den Fehlbetrag aufzufangen. Sie wird nach der Anzahl der Pfarrei­mitglieder und der Fläche der Pfarrei berechnet, erstaunlicherweise nicht nach den Kirchen oder Gebäuden.

Durch diese Sonderzuweisung kann eine Pfarrei die notwendigen Rück­lagen auch nicht voll auf­bringen. Die Fehlbeträge wären zwar etwa ein Drittel geringer, aber noch in erheblicher Höhe vorhanden. Somit ist die Pfarrei darauf angewiesen, die Anzahl ihrer erhaltenen Kirchen (und anderen Gebäude) zu verringern. Dies geschieht nach einer von den Pfarreien vorgenommenen Kategorisierung in A-, B- und C- Gebäude. Nur A-Gebäude können damit rechnen, dass die für sie notwendigen Rück­lagen weiterhin aus Mitteln der Kirchensteuer aufgebracht werden. Nur wenn allein die A-Gebäude unterhalten werden, kann die Pfarrei auf Dauer ihren Haushalt wieder ausgleichen.

Dieses Modell gehört zu den wirklich grund­legenden wirt­schaft­lichen Prä­missen des PEP. Es ist in der Quelle recht kurz und knapp beschrieben. Es wird auch in fast jedem Votum eher nur kurz erläutert. Eine rechtliche Grundlage im Kirchlichen Amtsblatt ist bisher nicht bekannt geworden. Allenfalls die Seiten 9 und 10 in dem Dokument PFARREIPROZESSE Vom pastoralen Konzept zum Votum beschreiben die Berechnung.

> Betrag pro Katholik 4,12 €
> Betrag pro km² Fläche der Pfarrei 100 €
> Betrag pro muttersprachliche Gemeinde 5.000 €
> 10% des errechneten Solidarbeitrags für das Jahr 2016
Beispiel

Für eine durchschnittliche Pfarrei ergibt sich ohne Berücksichtigung des Solidarbeitrags, den wir nicht kontrollieren können, folgender Wert:

Mitfinanzierung für eine durchschnittliche Pfarrei

Wir können auch die Zuweisung zur Mitfinanzierung der Instandhaltung auf jährliche Gesamtbeträge für das Bistum hochrechnen und erhalten dann das folgende Bild:

Wie man sieht, kommen dabei pro Jahr nur kleinere Beträge heraus. Zusammen mit den berechneten Werten für die Schlüsselzuweisung sind diese nicht deckungsgleich mit den vom Bistum dikumentierten Werten für den „pfarrlichen Bereich“. Das Zusammenspiel der Finanzen des Bistums mit dem der Pfarreien lässt also Fragen offen.

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