Spätmittelalter

Die zwei Jahrhunderte von etwa 1300 bis etwa 1500 gelten als das Spätmittelalter. Hier fanden in Europa bedeutendeEreignisse statt, welche die nachfolgende Geschichte tief prägen sollten, wenngleich sie vielfach im geschichtlichen Wissen gerade auch unserer Zeit gar nicht so bekannt sind. Dem Spätmittelalter folgt die Neuzeit, welche gleich mit dem Paukenschlag der Reformation beginnt. Wir wollen uns damit beschäftigen, was eigentlich vor der Reformation war und wie es dazu kommen konnte.

Der junge Erzherzog Maximilian I. (1459-1519) von Habsburg zog 1479 im Alter von gerade einmal zwanzig Jahren mit einem gewöhnlichen Langspieß in beiden Händen nahe dem nordfranzösischen Guinegate (Picardie) einem 10.000 Mann starken Ritterheer entgegen. Er kämpfte samt seinem adligen Gefolge in der ersten Reihe seines eigenen gut doppelt so großen Heeres aus flämischen Kriegsknechten, und nicht wie sonst immer üblich in der Reiterei. Er ging nach vierstündiger Schlacht als Sieger vom Feld. Ihre Kampftaktik hatten die Flamen von den damit sehr erfolgreichen Eidgenossen übernommen, welche gemeinsam mit Bogen- oder Armbrustschützen im Fußkampf mit Spieß und den frühen Feuerwaffen gegen traditionell organisierte Ritterheere überlegen waren.

Maximilian hatte zwei Jahre vorher Maria von Burgund (1457-1482) geheiratet. Sie war die Alleinerbin des Herzogs Karl der Kühne von Burgund (1433-1477), der aus der seit 1363 herrschenden Nebenlinie Valois-Burgund des  französischen Königshauses Valois stammte, und über ein weitverzweigtes Gebilde aus unabhängigen Lehensgebieten herrschte, die nördlich und südlich von Lothringen lagen. Die Herzöge von Burgund verfolgten während des Hundertjährigen Krieges (1337-1453) zwischen England und Frankreich eine sehr eigenständige Politik zu eigenem Vorteil. Bei dem Versuch, auch das Herzogtum Lothringen zu übernehmen fand Karl bei einer leichtsinnigen Belagerung der Stadt Nancy im Winter 1477 jedoch den Tod. Dabei setzten die Lothringer eidgenössische Söldnertruppen ein, die eine neue Technik im Fusskampf mit Lanzen verwendeten. Damit waren sie den berittenen Kämpfern überlegen, was sie auch in der Heimat bei ihren Unabhängigkeitskämpfen gegen die Habsburger unter Beweis stellten.

Maria musste sich ihr Erbe als Herzogin unter allergrößten Schwierigkeiten gegen den französischen König Ludwig XI. und die sehr selbstbewussten Städte mühsam erkämpfen, wobei sie zunächst viele Rechte preisgeben und Gebietsverluste hinnehmen musste. Dass ihre Ehe mit Maximilian tatsächlich geschlossen wurde, war keineswegs einfach. Die Idee dazu reifte bereits bei  Pius II. (Papst 1458-1464), der 1463 diese Verbindung bereits ihrem Vater Karl und dem Kaiser Friedrich III. von Habsburg (König 1440, Kaiser 1452 bis 1493) nahegelegt hatte. Pius erhoffte sich durch diese Verbindung eine Allianz für einen Kampf gegen die Osmanen, die gerade 1453 Konstantinopel erobert und nun ganz Griechenland besetzt hatten. Friedrich und Maximilian trafen Herzog Karl jedoch erst 10 Jahre später auf einem prunkvollen Hoftag in Trier, wo Karl mit großem Gefolge erschien und viel größeren Aufwand trieb als der Kaiser, dem diese Geldmittel fehlten. Burgund war das reichste Gebiet Europas und Karl soll dreimal so hohe Einkünfte gehabt haben wie der Kaiser. Karl forderte eine Standeserhöhung zum König von Burgund und Friesland, was jedoch beim Kaiser und den drei anwesenden Kurfürsten auf Ablehnung stieß. So verlief diese erste Verhandlung ergebnislos. Der Kaiser reiste ab und ließ Karl Margarethe von York, die Schwester des Königs Edwaed IV. geheiratet. erbost zurück. Er hatte die Hoffnung auf einen männlichen Erben noch nicht ganz aufgegeben, denn aufgrund seiner engen Beziehungen nach England hatte er 1468  Er hätte jedoch eine große Auswahl an Bewerbern um Marias Hand haben können, unter anderem König Ludwig XI. für seinen Sohn, dem späteren Karl VIII. sowie andere gekrönte Häupter für deren Söhne.

Dass es am Ende doch noch zum Ehevertrag kam, lag an Karls Mißerfolgen in mehreren späteren Fehden. Erst brieflich und dann auch öffentlich nahm Karl Maximilians Bewerbung an, Maria stimmte ihr auch zu und Karl ermahnte Maria, im Falle seines Todes so schnell wie möglich die Ehe zu schließen. Das aber war nicht so einfach. Am 5. Januer 1577 fiel Karl bei Nancy und noch im Januar marschierte Ludwig im burgundischen Kernland und in den Grafschaften im Norden ein, um sie als erledigte Lehen, in denen nur männliche Erbfolge galt, einzuziehen. Im Januar, Februar und März führte Maria ihren Kampf um ihre Rechte. Sie musste den niederländischen Gebieten ihre „Großen Privilegien“ wieder zugestehen, wurde aber trotzdem in Gent unter Hausarrest gestellt. Im März schaffte sie es, aus dem an Maximilian zu schreiben und dann ging alles sehr schnell. Friedrich erkannte seinen Vorteil und sandte eine ranghohe Delegation nach Gent, welche die Ehe mit Zustimmung der Stände von Brügge und Gent gleich doppelt am 21. April in Brügge und am Tag danach in Gent in Stellvertretung (per procurationem) Maximilians, der durch den Herzog von Bayern vertreten wurde, geschlossen wurde.

Maximilian reiste dann über Köln und Brüssel nach Gent, wobei die Finanzierung auf erhebliche Probleme stieß und auch noch Einsprüche Ludwigs als Marias Lehensherr ignoriert werden mussten. Am 18. August 1577 erreichte er Gent und wurde von der Stadt wohlwollend als Retter vor französischen Übergriffen empfangen. Sie unterzeichneten den Ehekontrakt und am nächsten Tag war die Trauung.

Maximilian versuchte es zunächst mit Diplomatie, indem er Ludwig auch eine Reichsfehde seines Vaters Friedrich III. androhte, aber mehr als ein längerer Waffenstillstand kam dabei nicht heraus. Der Kaiser war ohnehin durch Kämpfe in Ungarn und Tirol gebunden und Geldmittel konnte er auch nicht senden. Immerhin konnten Maria und Maximilian ihren Rückhalt in der Bevölkerung festigen, und als dann die Feindseligkeiten wieder aufflammten, konnte Maximilian mit einem eigenen Heer in die eingangs genannte Schlacht von Guinegate ziehen. Nach seinem Sieg konnte er allerdings keinen dauerhaften Vorteil gewinnen und etwa die burgundischen Kernlande noch sichern, denn die flandrischen Städte wollten nur das eigene Gebiet sichern und er musste aus Geldmangel sein Heer entlassen. So blieb der Schwebezustand erst einmal erhalten. Als Ludwig XI. nicht lange danach Luxemburg attackierte, lehnten die Generalstände eine finanzielle Unterstützung für Maximilian ab, und auch das Heilige Römische Reich war gemäß einem Beschluss auf dem Nürnberger Reichstag (Oktober 1479) zu keiner Hilfe bereit, so dass Maria zur Bestreitung der Heereskosten ihre Gemäldesammlung zu verkaufen hatte.

Im Jahr 1478 hatte Maria ihren ersten Sohn Philipp geboren, der 1504 als Philipp I. (der Schöne) als Gemahl Johannas I. von Kastilien (der Wahnsinnigen) König von Kastilien und León werden und 1506 in jungen Jahren schon sterben sollte. Er aber hatte mit ihr die beiden Söhne Karl und Ferdinand, von denen Karl nach dem Tod seiner Mutter (1516) als Karl I. in Spanien regieren (Kastilien, León und Aragón in Personalunion) und auch noch als Karl V. das Erbe Maximilians in Österreich und Deutschland antreten sollte (1519). Als Karl in 1556 seine Kronen niederlegte, übertrug er Spanien und die Niederlande an seinen eigenen Sohn Philipp II. und Österreich an seinen Bruder Ferdinand. Spanien sollte noch bis zum Westfälischen Frieden (1648) in den Niederlanden bleiben.

Im Jahr 1480 wurde Marias Tochter Margarethe von Österreich geboren, die zweimal nach kurzen Ehen in Asturien und Savoyen Witwe wurde, dann aber in die Niederlande zurückkehrte und ab 1507 dort als Statthalterin der Niederlande für Maximilian in Mechelen wirkte und als Erzieherin ihres Neffen Karl. Sie war eine sehr gebildete Frau und eine berühmte Mäzenin der Künste.

Leider starb Maria 1482 im Alter von 25 Jahren an den Folgen eines Reitunfalls und Maximilian regierte dann als Vormund ihres gemeinsamen Sohnes Philipp. Auf Druck der Städte musste er Frieden mit Ludwig XI. schließen und die zweijährige Margarethe in französische Erziehung geben, damit sie später die Ehefrau des frz. Thronfolgers Karl VIII. würde, ein Plan, der später aufgegeben wurde. In 1483 starb aber auch Ludwig und Maximilian wollte den Kampf erneuern. Nun aber kam es zum ersten flämischen Aufstand gegen ihn. Flandern sprach ihm die Regentschaft ab und richtete einen Regentschaftsrat ein. Aber 1485 konnte Maximilian sich durchsetzen. 1486 wurde er zum deutschen König gewählt neben seinem Vater Kaiser Friedrich III. Aber Ende 1487 brach der zweite Aufstand aus und Maximilian wurde im Januar 1488 in Brügge gefangen genommen. Im Mai kam es zu einem Vertrag in Brügge und er wurde wieder frei. Er hielt sich jedoch nicht an die Bedingungen, sondern begann mit Bewaffneten das Umland von Brügge zu verwüsten. Der Aufstand griff nun auf ganz Flandern bis hin zu Brüssel über und auch ein Heer des Kaisers griff ein. 1492 gaben die Städte ihren Widerstand auf und Maximilian behielt die Oberhand. Brügge musste seine Befestigungen schleifen. In 1493 beendete Maximilian auch die Kämpfe mit Karl VIII. Die Aufteilung des burgundischen Erbes wurde abschließend geregelt und die burgundischen Erbfolgekriege waren vorüber.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Im Todesjahr Marias (1482) kam es im Reich zu einem juristisch sehr bedeutsamen Vorfall. Der Kleriker Andreas Jamometić rief 1482 zur Reform der Kirche und zur Vorbereitung eines Türkenkreuzzugs ein Konzil in Basel aus. Er stammte aus Kroatien und war als Erzbischof der Grenzregion Krajina mehrfach in Diensten als Gesandter des Kaisers in Rom. Die Baseler sowie Lorenzo (il Magnifico) di Medici unterstützten den Aufruf. Friedrich unterband aber die Durchführung eines Konzils. Papst Sixtus IV. forderte daraufhin die Überstellung nach Rom, während der Kaiser reichsrechtlich den Vorrang der weltlichen Hoheitsbefugnis vertrat.[79] Nach kaiserlicher Auffassung hatte sich der auf Reichsgebiet verhaftete Jamometić durch die eigenmächtige Konzilseinberufung des Majestätsverbrechens schuldig gemacht. Das zweijährige Ringen um die Jurisdiktionsgewalt interpretierte Jürgen Petersohn als letzten Papst-Kaiser-Konflikt des Mittelalters, der jedoch weitgehend unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfand.[80] Grundsätzliche Vorstellungen über die Hoheitskompetenz wurden in dieser Auseinandersetzung mit einer Vehemenz geführt, die es seit der Stauferzeit nicht mehr gegeben hatte.[81] Der Konflikt endete durch den Suizid von Jamometić vor dem 13. November 1484 in seiner Basler Zelle.

Die Kontroverse gibt Anlass zu einer Revision verbreiteter Klischees über Friedrichs Persönlichkeit und Selbstverständnis. Die Behauptung seiner Herrscherrechte und die Würde des Reiches verteidigte Friedrich unnachgiebig. Nach den Forschungen Jürgen Petersohns war Friedrich III. „der erste – und zugleich der einzige – deutsche Herrscher, der die Überstellung eines geistlichen Delinquenten an die Papstgewalt begründet und erfolgreich verweigerte“.

 

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