Katholische Kirche in der Schweiz

Die katholische Kirche in Deutschland sucht nach einem Halt wie ein Käfer, der auf dem Rücken liegt. Die Gräben zwischen den Meinungen sind tief und die Pandemie hat den Optimismus auch nicht gerade gesteigert.

In dieser Situation könnte es sehr von Vorteil sein, einmal über unsere Grenzen zu schauen und uns klar zu machen, dass wir in Deutschland nicht der Mittelpunkt der Kirche sind.

Sehen wir in das Nachbarland der Schweiz.

Da wir so gar kein „Gefühl“ für unseren Nachbarn haben, sammeln wir erst einmal ein paar grundlegende Daten. Dort leben etwa 10% der Bevölkerung Deutschlands auf einer Fläche, die etwa mit NRW vergleichbar ist, allerdings nur mit der halben Bevölkerungsdichte. Die 26 Kantone des Landes verteilen sich auf 6 Bistümer, so dass jedes Bistum etwa 4 bis 5 Kantone umfasst.

 

Die katholischen Bistümer der Schweiz (Marco Zanoli)

 

Die drei Schwergewichte nach Mitgliederzahl (2013) sind Basel (1,1 Mio), Lausanne-Genf-Freiburg (700.000) und Chur (690.000). Die drei kleineren sind St. Gallen (260.000), Sitten (242.000) und Lugano (241.000). Der Anteil an Katholiken reicht von 35% (Basel) bis 76% (Sitten und Lugano).

Neben der katholischen Kirche spielt im Land der Reformer Calvin und Zwingli auch die Evangelisch-reformierte Kirche eine bedeutende Rolle, sowie die kleine Christkatholische Kirche mit weniger als 15.000 Mitgliedern, die zur Utrechter Union zählt.

Die Schweizer Bishofskonferenz hat ihren Sitz in Freiburg. Die sechs Bischöfe und ihre Weihbischöfe werden durch die beiden Äbte der Territorialabteien von Einsiedeln und St. Maurice ergänzt und bilden so ein Gremium aus 14 Personen.  Die Deutsche Bischofskonferenz, zum Vergleich, besteht aus 27 Bischöfen, von denen fast jeder zwei oder mehr Weihbischöfe mitbringt, so dass über 70 Mitglieder entstehen.

Soweit ist noch nicht zu sehen, was in der Schweiz wesentlich anders ist. Anders als in Deutschland und vielen anderen Ländern sind die Schweizer Bistümer nicht in einer Kirchenprovinz zusammengeschlossen, sondern unterstehen direkt dem Heiligen Stuhl. Die größeren Schweizer Bistümer sind in zwei oder drei Bistumsregionen eingeteilt. Alle Diözesen kennen zudem eine regionale Gliederung in Dekanate bzw. Vikariate, welche von einem Dekan geleitet werden und jeweils mehrere benachbarte Pfarreien umfassen. Alle schweizer Bistümer besitzen noch vergleichsweise viele Pfarreien, die jedoch zu freiwilligen Zusammenschlüssen aufgefordert sind.

Das duale System – eine Besonderheit der katholischen Kirche in der Schweiz

Eine Besonderheit der römisch-katholischen Kirche der Schweiz ist das in grossen Teilen des Landes bestehende duale System. Ihre Organe gliedern sich in zwei Bereiche mit jeweils unterschiedlichen Aufgaben. Neben den Organen kirchlichen Rechts (Bistümer, Pfarreien), welche sich in erster Linie um Fragen der Kirchenleitung, der Pastoral, Verkündigung und Sakramente kümmern, existieren die Organe staatlichen Rechts (Kirchgemeinden und kantonale kirchliche Körperschaften), die v.a. um Verwal­tungs­angele­gen­heiten, Finanzen, Liegenschaften und Immobilien besorgt sind.

 

Ähnlich wie in anderen Ländern Europas kam es auch in der Schweiz 1814/15 nach dem Wiener Kongress nicht zu einer völligen Wiederherstellung der Zustände vor der Revolutionszeit. Es setzte sich jedoch wieder durch, dass die alten Herrschafts- und Untertanenverhältnisse einer gottgewollten Ordnung entsprächen. Der Staat war nicht eine vom Volk in einem souveränen Akt geschaffene Institution. Freiheit wurde nicht als Ansammlung oder Katalog individueller Freiheits- bzw. Menschenrechte verstanden, sondern bestand in der Freiheit der Vorrechte in einer ständisch gegliederten Ordnung. Konkret bedeutete dies in den alten Kantonen eine Rückkehr zur alten Rechtsungleichheit, zur Wiedereinsetzung der ländlichen bzw. städtischen Aristokratien und in den Städtekantonen (Bern, Zürich, Luzern, Solothurn, Freiburg, Schaffhausen, Genf) zur Herrschaft der Städte über die Landschaft,in der Regel durch mehr städtische Abgeordnete. Im Kanton Neuenburg wurde gar die Monarchie  wiederhergestellt. Durch die Aufhebung des gemeinsamen Marktes und der einheitlichen Währung wurde die Wirtschaft in die alte Kleinräumigkeit der Kantone zurückgeworfen. Im Alltag machte sich zudem die Wiederherstellung der kirchlichen Autorität stark bemerkbar; besonders in den katholischen Kantonen wurde dieser Prozess durch ein «Bündnis zwischen Obrigkeit und Altar» und die Berufung der Jesuiten verstärkt. Das Bildungswesen wurde erneut zu einer Domäne der Kirche. In den konfessionell einheitlichen Kantonen war die Religionsfreiheit wieder aufgehoben oder stark eingeschränkt, Ehen zwischen den Konfessionen verboten. Dagegen erhoben sich Forderungen nach repräsentativer Demokratie, Aufhebung der Pressezensur, Trennung von Kirche und Staat, Freiheit des Individuums und Rechtsgleichheit, ferner Einführung von staatlichen Volksschulen, Kantonsschulen (Gymnasium) und Universitäten.

 

 

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