XXL-Dioezesen

In der Katholischen Kirche sind Veränderungen unausweichlich. Bisher hatte man gemeint, dass Pfarrei­reformen ausreichen, um Antworten auf weniger Geld, weniger Priester und weniger Gläubige zu finden. Warum aber hier stehen bleiben?

Als Beispiel für eine Pfarreireform möge man das Bistum Essen betrachten. Hier wurden seit 2005 durch Dekret des damaligen Bischofs Felix Genn 259 ehemals selbständige Pfarreien mit 262 Kirchen zu 42 neuen Großpfarreien fusioniert. Dadurch sind die größten Pfarreien Deutschlands entstanden, die es zur Zeit gibt. Die größte von ihnen ist St. Urbanus in Gelsenkirchen mit 34.000 Mitgliedern und sage und schreibe 11 Kirchen. Die zwanzig größten Pfarreien Deutschlands dürften alle im Bistum Essen liegen. Deren kleinste hat immerhin noch 19.000 Mitglieder und sechs Kirchen.

Das war noch nicht „Verlust von Heimat“, denn es wurden ja „nur“ Verwaltungen und Gremien reduziert. Gut, man war jetzt nur noch „Teil einer viel größeren Einheit“, aber dass sich Seelsorgeschwerpunkte in einigen (wenigen) Fällen änderten, war bestimmt nicht der Grund, dass man nicht mehr in seine gewohnte Kirche „durfte“.

Den Aspekt des Heimatverlustes sollte man allerdings ernster nehmen, als auf diesem  begrenzten Raum geschehen soll. Er müsste in einem eigenen Kontext diskutiert werden.

Wirkliche Einsparungen hat das Bistum zu diesem Zeitpunkt nach Aussagen von aktiven Kirchen­vorständen aber nicht zu Wege gebracht. Noch heute sucht man einfache, einheitliche Muster für Architektenverträge (wie in Münster), zentrale Handwerkerdienste, zentrale Winter- und Reinigungsdienste, attraktive Versiche­rungs­rabatte und so weiter. Es gibt auch keine öffentliche Datenbank, in der sich aktive Gemein­de­mit­glieder detailliert über den Zustand ihrer Gebäude informieren könnten.

Bis jetzt sieht alles noch ganz harmlos aus. Nun aber soll eine zweite Stufe kommen, die laut Generalvikariat nur noch 80 bis 90 Kirchen übrig lässt. Dafür hat das Bistum einen Namen erfunden, der sich Pfarrei­entwick­lungs­prozess nennt und im Bistum mit PEP abgekürzt wird. Im Klartext bedeutet dieses von mir hier „Essener Modell“ genannte Konzept, dass jede der noch vorhandenen 42 (Groß-)Pfarreien nicht mehr gut 6 Kirchen, wie bisher, haben soll, sondern auf gut 2 Kirchen zurückgefahren werden soll. Von 262 Kirchen auf 80 bis 90. Der stellv. Generalvikar kann sich auch vorstellen, dass dafür auch nicht mehr 42 Pfarreien nötig sind, sondern vielleicht nur 20 oder sogar nur 10.

Dörnemann sollte vorsichtig sein, denn ein so „schlankes“ Bistum braucht selbst vielleicht gar keinen Bischof mehr und könnte ohne Weiteres wieder von Münster, etwa, verwaltet werden. Viele Gläubige fordern – im Ernst – genau diese Art von Einsparung, die noch viel wirksamer als die Aufgabe von Kirchen wäre. Sind die Bischöfe laut Jesus nicht die Diener der geringsten der Brüder?

Der Autor, Heinrich Wullhorst, schrieb dazu einmal sehr treffend in seinem Buch Leuchtturm oder Kerzenstummel folgendes:

„Dennoch bleibt der Blick dabei zumeist innerhalb der bestehenden Struktur, anstatt ihn zu weiten, wie die Bischöfe dies doch ansonsten bei ihren viel gepriesenen großen pastoralen Räumen von anderen verlangen. Wenn diese größeren Einheiten doch so effektiv sind, warum denken unsere Oberhirten dann nicht einmal laut darüber nach, ähnliche Modelle auch für die Bistümer zu erwägen und aus 27 Diözesen vielleicht nur noch sieben zu machen? Wenn XXL-Gemeinden die zehnfache Größe von mittleren Einzelgemeinden haben, warum kann dann nicht ein Bistum wie Essen mit etwa 750.000 Katholiken Teil einer XXL-Diözese mit etwa 7,5 Millionen sogenannten Seelen werden, was in etwa der Vereinigung aller NRW-Bistümer entsprechen würde? Allerdings kommt hier offenbar niemand auf die Idee, dass eine solche Einheit besonders schlagkräftig wäre. Da möchte dann selbst das kleinste Bistum gerne überleben.“

Dem braucht man nichts hinzuzufügen. Immer mehr kritische Katholiken sehen dies aber genauso. Das Wasser predigen und den Wein trinken…

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