Welche Beziehung haben wir zum Pfingstfest? Es ist das Fest des Heiligen Geistes, der alle Gläubigen weltweit erfüllt und verbindet, erklärt die Evangelische Kirche. In Predigten wird gern, vor allem für Kinder verständlich, gesagt, Pfingsten sei der „Geburtstag“ der Kirche. Vor einigen Jahren war es noch unangefochten nach Ostern und Weihnachten das dritte Hochfest im Kirchenjahr. Viele nutzen aber das lange Pfingstwochenende für Ausflüge ins Grüne, einen Kurzurlaub sowie Treffen mit Freunden und Sportfeste. Pfingsten eignet sich tatsächlich als interkulturelles Fest, macht uns aufmerksam, dass Verständnis nötig und wichtig ist.
Die Zeit nach Ostern wurde schon in frühester Zeit „wie ein einziger Sonntag“ empfunden, in der bevorzugt auch die Taufen stattfanden. Um das Jahr 400 hatte sich in Spanien und andernorts eingebürgert, den vierzigsten Tag nach Ostern als Himmelfahrt zu feiern und den fünfzigsten Tag als Abschluss mit dem Tag der Geistausgießung.
In der Schweiz soll man heute noch „die Pfingsten“ sagen. Früher sagte man auch in Deutschland „an den Pfingsten“. Das Wort kommt vom griechischen „pentecoste“ (fünfzigster – Tag).
Der Ursprung
Wenn wir dem Evangelisten Lukas in dieser Hinsicht vertrauen, dann fand dieser Tag erstmals nicht nur im selben Jahr wie die Kreuzigung Jesu – die man durchaus als historisch glaubwürdig ansehen kann – statt, sondern sogar genau fünfzig Tage danach, wieder an einem markanten Tag des jüdischen Festjahres. Das Fest hat viele Namen und Bedeutungen im Judentum, vor allem „Fest der ersten Feldfrüchte“, weil anschließend der erste Weizen geerntet wird, oder einfach „Wochenfest“ (Schawuot), weil man es eine Woche lang begeht. Zu dem Fest war auch eine Pilgerreise nach Jerusalem vorgeschrieben und die sollte sich ja auch „lohnen“, vor allem für die vielen Juden, die aus der Diaspora angereist kamen, wo es wegen der günstigen Jahreszeit wohl sehr beliebt war. Auch die Zehn Gebote stehen im Mittelpunkt des Festes und die Synagoge wird festlich geschmückt, um an den Berg Sinai zu erinnern.
Gut – es waren also wieder viele Menschen in der Stadt, wahrscheinlich mehr als an Pessach (Ostern). Viele von denen sprachen möglicherweise Hebräisch nicht sehr gut, obwohl sie alle die heiligen Schriften verstanden. Auch in der Umgangssprache Aramäisch waren viele nicht so geübt. Quartier hatte man nicht nur in Herbergen, sondern überwiegend wahrscheinlich bei Verwandten und Bekannten. Die Häuser waren also richtig „voll“. Wahrscheinlich waren die römischen Behörden wieder besonders wachsam, wie an allen jüdischen Festen, wenn viel Volk zusammen kam, und die Tempelpriester hatten die festlichen Handlungen genau geplant.
Klar, dass auch Anhänger Jesu viele Gäste hatten. Worüber sprach man da? Nun, über die aufregenden Vorgänge der letzten Zeit natürlich, vielleicht über einen Palmenumzug mit größerem Zulauf. Vielleicht über verschiedene Kontroversen, die man im Tempel mit den dortigen Priestern ausgefochten hatte. Ganz sicher über die Kreuzigung, mit der die unbeliebten Römer alle Hoffnungen auf politisches „Tauwetter“ auslöschten. Auch klar, dass da an manchen Stellen eine gewisse „Wut“ aufkam und man im Bewusstsein einer zahlenmäßigen Stärke auch laut seinen Unmut äußerte. Vielleicht zogen gewisse Gruppen auch umher, vielleicht sogar auf gewisse zentrale Plätze. Es „lag etwas in der Luft“, was man durchaus mit einem „Brausen“ beschreiben könnte. Möglicherweise lautstarke Rufe aus allen Ecken. Ganz sicher: es wurde sicher auch etwas dabei getrunken und es wurde sehr viel ausgeschmückt. Kein Wunder, dass viele dabei etwas lauter wurden und andere übertönten. Dabei benutzen sie alle Sprachen, die ihnen zu Gebote standen. Und wenn zwei aneinander gerieten, die gar keine gemeinsame Sprache hatten, so wurde auch „mit Händen und Füßen“ kommuniziert.
Die Idee, dass der „Heilige Geist“ dafür sorgte, dass jeder eine bestimmte Botschaft (etwa von der Auferstehung) in seiner Sprache hörte, ist für den Evangelisten Lukas also gar nicht so fernliegend gewesen. Er hat sie nur etwas „personalisiert“. Wenn man bedenkt, dass Lukas erst mehr als eine Generation später alles aufschrieb, was bis dahin mündlich weitererzählt und ausgeschmückt wurde, dann ist seine Erzählung durchaus erklärlich. Ein wirkliches „Wunder“ aber war das kaum. Die römischen und jüdischen Behörden werden froh gewesen sein, als die Woche vorbei war. Von wirklichen Zusammenstößen ist aber nichts bekannt geworden.
Auswirkung
Auf jeden Falle werden viele etwas in ihre Heimat mitgenommen haben. Dieselben Städte besuchte dann nur wenige Jahre später der Apostel Paulus. Er fand also etwas vor, woran er anknüpfen konnte. So sehr viel war das allerdings nicht. Immerhin hörte man seinen Schilderungen von der Auferstehung und der Erlösung interessiert zu. Und zusammen mit der Entwicklung der Jerusalemer Gemeinde bildete sich die junge Kirche heraus. Also war der Tag doch in diesem Sinne ein Geburtstag.
Paulus schreibt in seinen Briefen noch etwas später kaum etwas über Jesus selbst und sein Leben und seine Lehre, sondern vor allem über Auferstehung, Erlösung und Jesu Göttlichkeit. Über den Pfingsttag schrieb er auch nie. Zu seiner Zeit gab es anscheinend nur recht unvollständige Berichte von der Vorgeschichte, die er deshalb auch nicht aufnehmen konnte wie die viel später entstandenen Evangelien. Auch Paulus selbst hat ja weder Ostern noch Pfingsten miterlebt, obwohl er durchaus Zeitgenosse war, er zur Zeit dieser Geschehnisse aber abwesend war.
Weitere Fragen
Zwei oder drei andere Dinge sind noch sehr merkwürdig. Zum einen, dass die Evangelien diese paar Tage von der Himmelfahrt bis Pfingsten nicht auch noch abdecken, sondern schlagartig vor Pfingsten enden. Warum? Erst Lukas musste das in der Apostelgeschichte beschreiben. Wahrscheinlich, weil er in seinem Erstwerk das öffentliche Wirken Jesu auch mit einem „Auftritt“ des Heiligen Geistes (Taufe Jesu) beginnen lässt. Ein guter Anknüpfungspunkt also.
Zum anderen muss das erste Pfingsten bei seinen Augen- und Ohrenzeugen doch wohl keinen ganz nachhaltigen Eindruck hinterlassen haben, denn man hat es in den nachfolgenden Jahren nie wieder gefeiert, gar nicht mehr daran erinnert, weder in Jerusalem selbst noch in den neuen jungen Gemeinden. Erst viele Generationen später hat man das Geschehen mit neuen Augen gesehen.
Es gibt auch keine zeitgenössischen Berichte, weder jüdische noch römische, über dieses ungewöhnliche Ereignis. Lukas hat also vermutlich etwas stark ausgeschmückt.