Putin: Kommentierte Rede zum Tag des Sieges

Ansprache des russischen Präsidenten bei der Militärparade.
V. Putin

Liebe Bürgerinnen und Bürger Russlands!
Liebe Veteranen!
Kameraden, Soldaten und Matrosen, Unteroffiziere und Unteroffiziere, Fähnriche und Offiziere!
Kameraden Offiziere, Generäle und Admiräle!

Ich gratuliere Ihnen zum großen Tag des Sieges!

Die Verteidigung des Vaterlandes, als über sein Schicksal entschieden wurde, war immer heilig.

Ja - jedes Volk kämpft mit Leidenschaft für sein Land.

Mit einem solchen Sinn für echten Patriotismus zogen die Milizionäre von Minin und Pozharsky für das Vaterland in den Kampf, griffen bei Borodino an, bekämpften den Feind bei Moskau und Leningrad, Kiew und Minsk, Stalingrad und Kursk, Sewastopol und Charkow.

Kuzma Minin und Fürst Dmitri Pozharsky befreiten Moskau 1612 mit einer privaten Armee von Freiwilligen von einem polnisch-litauischen Heer, das den Kreml erstmalig eingenommen hatte. Ein Denkmal auf dem Roten Platz vor der St. Basilius Kathedrale erinnert an sie. Beide wurden zu Volkshelden und Pozharsky bekam als Erster den Titel "Retter des Vaterlandes". Er wäre fast zum Zaren gewählt worden. Borodino war Schauplatz einer Niederlage 1812 gegen Napoleon, aber 1942 Teil der siegreichen Schlacht um Moskau. Die übrigen Städte waren ebenfalls Schauplätze im Zweiten Weltkrieg, bei Kursk der größten Panzerschlacht der Geschichte.

Und so kämpfen Sie jetzt, in diesen Tagen, für unser Volk im Donbas. Für die Sicherheit unseres Heimatlandes, Russland.

Die russischen Streitkräfte kämpfen jetzt im Donbas. Dass auch in der Ukraine gekämpft wird, wird nicht gesagt. Die Ukraine und ihre Menschen werden gar nicht erwähnt. Die Streitkräfte kämpfen im Donbas für die Sicherheit Russlands. Warum dort? Und wer bedroht denn Russland (im Donbas), das größte Land der Welt? Das Land mit den weiten Räumen, die niemand einnehmen kann, und den langen Grenzen, die niemand einkreisen kann.

Der 9. Mai 1945 ist für immer in die Weltgeschichte eingegangen als ein Triumph unseres geeinten sowjetischen Volkes, seiner Einheit und geistigen Kraft, als eine beispiellose Leistung an der Front und an der Heimatfront.

Der geeinte sowjetische Staat, stand nicht allein im Kampf, sondern vor allem die USA, welche erst 1933 die Sowjetunion anerkannt hatten, aber auch Großbritannien, dem die Hilfsgüter selbst bitter fehlten, sandten bereits im Jahr des Überfalls 1941 umfangreiche Hilfslieferungen an Waffen, Lastwagen, Kleidung und Lebensmitteln, welche bis 1945 andauerten, auf beschwerlichen Wegen in die damalige Sowjetunion.

Der Tag des Sieges ist für jeden von uns ein wichtiges Ereignis. Es gibt keine Familie in Russland, die nicht durch den Großen Vaterländischen Krieg verbrannt wurde. Die Erinnerung daran verblasst nie. An diesem Tag sind die Kinder, Enkel und Urenkel der Helden des Großen Vaterländischen Krieges im endlosen Strom des „Unsterblichen Regiments“. Sie tragen Fotos von ihren Verwandten, von gefallenen Soldaten, die für immer jung geblieben sind, und von Veteranen, die uns bereits verlassen haben.
Wir sind stolz auf die unbesiegte und tapfere Generation der Sieger, wir sind ihre Erben, und es ist unsere Pflicht, derer zu gedenken, die die Nazis vernichtet haben, und derer, die uns vermacht haben, wachsam zu sein und alles zu tun, damit sich das Grauen des globalen Krieges nicht wiederholt.

Diese Tradition des Gedenkens an die Gefallenen ist tatsächlich recht eindrucksvoll und wäre auch in Deutschland und anderen Ländern sicher eine gute Idee. Man kann auch voneinander lernen.

Aus diesem Grund hat sich Russland trotz aller Meinungsverschiedenheiten in den internationalen Beziehungen stets für die Schaffung eines Systems gleicher und unteilbarer Sicherheit eingesetzt, das für die gesamte Weltgemeinschaft von entscheidender Bedeutung ist.

Das ist sehr gut! Dem wird niemand widersprechen.

Im vergangenen Dezember haben wir vorgeschlagen, einen Vertrag über Sicherheitsgarantien zu schließen. Russland forderte den Westen auf, einen ehrlichen Dialog zu führen, nach vernünftigen Kompromisslösungen zu suchen und die Interessen der jeweils anderen Seite zu berücksichtigen. Alles umsonst. Die NATO-Länder wollten uns nicht hören, was bedeutet, dass sie in Wirklichkeit ganz andere Pläne hatten. Und wir haben es gesehen.

Das ist eine Umkehr von Tatsachen. Seit Dezember hat nämlich Russland in aller Offenheit Truppen an seinen Grenzen versammelt und dies teilweise als Manöver bezeichnet. Die Nachbarländer und die NATO haben das frühzeitig als Bedrohung empfunden und wiederholt und ausführlich dagegen protestiert. Sie haben mit der russischen Führung ohne Ergebnis darüber verhandelt. 

Sie bereiteten ganz offen eine weitere Strafaktion im Donbas vor, eine Invasion in unsere historischen Gebiete, einschließlich der Krim. Kiew kündigte den möglichen Erwerb von Atomwaffen an. Der NATO-Block begann mit der aktiven militärischen Erschließung der an unser Land angrenzenden Gebiete.

Es gab keine nachweisbare Verlegung von Streitkräften in Richtung Donbas oder historischer russischer Gebiete, auch nicht der Krim. Die an Russland angrenzenden Gebiete wurden nicht "militärisch erschlossen". Eine nukleare Bewaffnung wurde von Kiew weder aktiv angestrebt, noch von der NATO oder der USA unterstützt. Es wäre auch nicht unentdeckt geblieben, wenn waffenfähiges Material aufgebaut worden wäre.

Auf diese Weise wurde systematisch eine für uns völlig inakzeptable Bedrohung geschaffen, und zwar direkt an unseren Grenzen.

Die Sicherheit Russlands war zu keiner Zeit gefährdet! Abgesehen davon, dass eine Atommacht nicht einfach angreifbar ist, gab es zu keiner Zeit Verstärkungen westlicher Truppen an Russlands Westgrenze. Jedenfalls hat Russland niemals solche nachgewiesen. 
Die wenigen Truppen in Polen und im Baltikum sind allein zu defensiven Aufgaben befähigt, keineswegs zu einem Vorstoß und zur Besetzung eines viel größeren Gebiets. 

Außerdem gibt es zwei weitere Gründe, weshalb die NATO keinen Grund für eine Bedrohung darstellte. Zum einen, dass sie den Status Quo im Donbas und auf der Krim  schon seit 2014 mehr oder weniger akzeptiert hatte. Zum anderen hatten sich zumindest die Europäer hinsichtlich Öl und Gas freiwillig in immer größere Abhängigkeit begeben, mit der Option, diese sogar noch zu erhöhen, dass es völlig abwegig gewesen wäre, dem Partner in einer stabilen Lieferbeziehung zu schaden. Nur eine weitere friedliche wirtschaftliche Zusammenarbeit hätte sich für beide als Win-win erwiesen.

Alles deutete darauf hin, dass ein Zusammenstoß mit den Neonazis, den Banderisten, auf die die USA und ihre jüngeren Mitstreiter gesetzt hatten, unvermeidlich sein würde.

Russland hat zu keiner Zeit konkret gemacht, welche Kräfte von "Neonazis" oder Bandera-Anhängern denn eine Bedrohung für Russland darstellen. In der Ukraine gibt es wie in beinahe jedem Land auch Parteien, die Neonazis genannt werden, welche freie Wahlen ablehnen, die Herrschaft einer einzigen Partei (ihrer eigenen) anstreben, das eigene Volk für wertvoller als andere halten und zur Durchsetzung ihrer Ziele auch Gewalt anwenden würden. Sie verherrlichen auch teilweise heute noch Kräfte (Stepan Bandera), die damals mit den deutschen Besatzern kollaborierten. Bei den letzten Wahlen war ihr Stimmenanteil jedoch nur unter 3%, so dass sie also keine politische Bedeutung haben. Da Politik und Streitkräfte auch voneinander getrennt sind, reicht ihr Einfluss auch nur gering in die Armee hinein. Ausländische Unterstützung, etwa aus den USA, haben sie ebenfalls nicht. Es gibt keinen Grund für Russland, diese Kräfte von außen zu bekämpfen. Die ukrainische Innenpolitik hat sie vollkommen unter Kontrolle.

Auch hier sahen wir, wie die militärische Infrastruktur aufgebaut wurde, wie Hunderte von ausländischen Beratern ihre Arbeit aufnahmen und wie regelmäßig die modernsten Waffen aus den NATO-Ländern geliefert wurden. Die Gefahr wurde von Tag zu Tag größer.
Russland hat präventiv auf die Aggression reagiert. Es war eine erzwungene, rechtzeitige und die einzig richtige Entscheidung. Die Entscheidung eines souveränen, starken und unabhängigen Landes.

Wie oben schon erwähnt wurden keine Ergebnisse in den Verhandlungen mit Russland erzielt und daher vorhandene defensive Waffensysteme in den angrenzenden Ländern verstärkt. Diese waren und sind jedoch zu keiner Zeit zu einem Angriff in den weiten Gebieten Russlands geeignet. 

Vor allem nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion begannen die Vereinigten Staaten, von ihrer Ausnahmestellung zu sprechen und demütigten damit nicht nur die Welt, sondern auch ihre Satelliten, die so tun müssen, als würden sie es nicht bemerken, und es mit Ehrerbietung schlucken.

Ob und seit wann die USA tatsächlich eine Ausnahmestellung beanspruchen oder nicht, wäre ein Punkt, den Russland als Mitglied in genügend vielen internationalen Gremien jederzeit ansprechen könnte. Und ebenso, ob dadurch die Welt, insbesondere Russland, "gedemütigt" wird und Nachteile erleidet.
Russland ist jedoch nicht berufen, sich zum Sprecher anderer Länder (Satelliten) zu machen, deren Position gegenüber der USA zu bewerten und für diese Länder ungefragt einzutreten.

Aber wir sind ein anderes Land. Russland hat einen anderen Charakter. Wir werden niemals unsere Liebe zum Vaterland, unseren Glauben und unsere traditionellen Werte, unsere angestammten Bräuche und unseren Respekt vor allen Völkern und Kulturen aufgeben. Und im Westen scheinen diese jahrtausendealten Werte in Gefahr zu sein, abgeschafft zu werden.

Den eigenen Charakter hat niemand Russland abgesprochen und will ihn verweigern. Allein daraus kann Russland jedoch nicht ableiten, dass seine Werte und Vorstellungen auch von seinen Nachbarn ohne Weiteres zu teilen sind.

Diese moralische Degradierung wurde zur Grundlage für die zynische Verfälschung der Geschichte des Zweiten Weltkriegs, die Schürung von Russophobie, die Verherrlichung von Verrätern, die Verhöhnung des Gedenkens an ihre Opfer und die Verharmlosung des Mutes derer, die den Sieg errungen und erlitten haben.

Mit "moralischer Degradierung" scheint Putin auf die Ausbreitung von Rechten von nicht-heterosexuellen Menschen anzuspielen. Es ist völlig unklar, inwiefern dadurch die Geschichte des Zweiten Weltkrieges verfälscht, gar noch zynisch verfälscht, würde. 
Es ist denkbar, dass Putin auf bestimmte Gruppen (etwa Memorial) in Russland anspielt, welche sich mit dem Wachhalten von in Vergessenheit geratenen historischen Tatsachen beschäftigen. Dabei sind auch schon einmal "unbequeme" Tatsachen zur Sprache gekommen, welche die offizielle Geschichtsschreibung ergänzen oder teilweise korrigieren. Da der russische Staat an einer objektiven Auseinandersetzung mit internen Kritikern wenig Interesse hatte, forderte er negative Reaktionen von ausländischen Kritikern heraus. Es geht jedoch weit über deren Ziele hinaus, sie generell als Russophobie zu deuten. Die Neigung staatlicher Stellen, interne Kritiker als Verräter anzusehen, findet auch wenig Unterstützung. Mit einer Verhöhnung oder Verharmlosung des Mutes der Kämpfer, deren an diesem Tage gedacht wird, hat das überhaupt nichts zu tun.

Wir wissen, dass amerikanische Veteranen, die an der Parade in Moskau teilnehmen wollten, praktisch daran gehindert wurden. Aber ich möchte, dass sie wissen, dass wir stolz auf Ihre Leistungen und Ihren Beitrag zu unserem gemeinsamen Sieg sind.

Bürger der USA, insbesondere amerikanische Veteranen, können in der Regel reisen, wohin sie wollen, zum Beispiel auch zur Siegesparade von Moskau. Sehr richtig, dass man auf ihre Leistungen ebenfalls stolz sein kann.

Wir ehren alle Soldaten der alliierten Armeen – die Amerikaner, die Briten, die Franzosen -, die Teilnehmer der Resistance, die tapferen Soldaten und Partisanen Chinas, alle, die den Nazismus und Militarismus besiegt haben.

Ja - es ist durchaus berechtigt, darauf hinzuweisen, dass es eine weltweite Koalition gegen die Herrschaft Hitlers gab und alle ihren Anteil am Sieg haben.

Liebe Genossinnen und Genossen! Heute kämpfen die Donbas-Milizen und die Soldaten der russischen Armee in ihrem eigenen Land, wo die Bürgerwehr von Swjatoslaw und Wladimir Monomach, die Soldaten von Rumjanzew und Potemkin, Suworow und Brusilow, die Helden des Großen Vaterländischen Krieges, Nikolaj Watutin, Sidor Kowpak und Ljudmila Pawlitschenko bis zum Tod gekämpft haben.

Die ukrainische Donbas Region mit den beiden Zentren Donezk und Luhansk ist Teil des großen Donezbeckens beiderseits der ukrainisch-russischen Grenze. Die Region war lange Zeit von niemandem beherrschtes sehr dünn besiedeltes Steppenland zwischen den osmanischen und russischen Reichen. Hierhin flohen viele russische Bauern, um der Leibeigenschaft zu entkommen. Mit dem Drang zum Schwarzen Meer von Zar Peter dem Großen, der von Katharina der Großen zum Abschluss kam, kam der Donbas nach dem Ende des Russisch-Türkischen Krieges 1774 endgültig zum russischen Zarenreich. Kurz danach wurden große Steinkohlevorkommen erschlossen und fast aus dem Nichts entwickelte sich in hundert Jahren das größte russische Industriegebiet für Kohle und Stahl, vergleichbar mit dem Ruhrgebiet. Die aufblühende Industrie nahm viele Arbeiter aus ärmeren Gebieten Russlands auf, die ihre Muttersprache bis in die Gegenwart beibehielten. Als 1922 die Sowjetunion entstand, wurde der Donbas nicht "eigenes" Land und Teil von Russland, sondern der Ukrainischen SSR. 

Swatoslaw war 945-972 Großfürst der Kiewer Rus und breitete zeitweise seinen Einfluss bis an den Don aus, wobei er das heutige Donbas mit einschloss. Er galt als sehr kriegerisch und wurde am Ende von seinen Feinden gefangen genommen und getötet. Wladimir Monomach war ein weiterer mittelalterlicher Herrscher der Kiewer Rus, nach dessen Tod die Rus allerdings endgültig auseinander fiel. Rumjanzew war ein General der russischen Armee in den frühen Kämpfen gegen die Türken. Potemkin war Oberbefehlshaber der Armee und Gouverneur der südlichen Provinzen, als diese endgültig in das Reich eingegliedert wurden.  Suworow war ein General des Zarenreiches, der in der Ukraine, auf der Krim und in den Alpen gegen Napoleon gekämpft hatte. Brusilow war ein General der Kaiserlich Russischen Armee im Ersten Weltkrieg, der durch die Leitung der Brusilow-Offensive 1916 bekannt ist. Watutin war ein sowjetischer Armeegeneral im Zweiten Weltkrieg, der 1943 Kiew zurückeroberte. Kowpak war ein ukrainisch-sowjetischer Partisanenführer im Zweiten Weltkrieg, Generalmajor der Roten Armee und Politiker in der Ukrainischen SSR. Ljudmila Michailowna Pawlitschenko war Heldin der Sowjetunion, eine der effizientesten Scharfschützen des Zweiten Weltkrieges.

Ich wende mich nun an unsere Streitkräfte und die Miliz im Donbas. Sie kämpfen für das Vaterland, für seine Zukunft, damit niemand die Lehren des Zweiten Weltkriegs vergisst. Damit es keinen Platz auf der Welt für Henker, Schlächter und Nazis gibt.

Diese Rede macht nicht klar, für welche Ziele die Kämpfer im Donbas tatsächlich kämpfen. Man muss davon ausgehen, dass die beiden "Volksrepubliken", die den Donbas bilden, aus der Ukraine herausgelöst und als Bestandteile der Russischen Föderation eingegliedert werden. Seit 2014 verläuft eine Kampflinie mitten durch die Region. 
Wirtschaftlich hat die Region enormen Schaden erlitten, da fehlende Investitionen zur Veraltung der Anlagen geführt haben und die meisten Unternehmen mittlerweile hohe Verluste ausweisen.

Es ist unklar, was das mit der Zukunft des Vaterlandes zu tun hat und verhindert, dass man die Lehren aus dem Zweiten Weltkrieg nicht vergisst. Welche Lehren denn? Inwiefern zeigt es der Welt, dass es keinen Platz für Henker und Nazis gibt?

Heute verneigen wir uns vor all denen, die im Großen Vaterländischen Krieg ihr Leben verloren haben, vor unseren Söhnen, Töchtern, Vätern, Müttern, Großvätern, Ehemännern, Ehefrauen, Brüdern, Schwestern, Verwandten und Freunden.

Ja - es ist berechtigt, sich vor den Genannten zu verneigen.

Wir verneigen uns vor dem Gedenken an die Märtyrer von Odessa, die im Mai 2014 im Gewerkschaftshaus lebendig verbrannt wurden.

Putin erinnert hier an 42 Todesopfer aus dem Mai 2014. Damals, kurz nach den Ereignissen auf dem Maidan und dem gewaltsamen Umsturz der Regierung  trafen zwei gewaltbereite Gruppen in Odessa aufeinander, eine kleinere von 300 pro-russischen und eine größere von 2000 pro-ukrainischen Demonstranten. Unter den letzteren waren auch zahlreiche Fussball-Hooligans und Nationalisten. Sie gerieten in eine Straßenschlacht, die schnell eskalierte. Die Sicherheitskräfte waren unsicher, wie sie sich verhalten sollten, und blieben passiv. Es gab schnell zahlreiche Verletzte und auch Todesopfer auf beiden Seiten. Die kleine pro-russische Gruppe suchte Schutz in einem nahen Gewerkschaftshaus. Beide Gruppen gaben weiter Schüsse aufeinander ab und bewarfen sich mit Brandsätzen. Dabei geriet das Haus zwangsläufig in Brand und 42 Menschen konnten nicht mehr aus dem Feuer gerettet werden. Die ukrainische Justiz konnte den Verlauf nicht eindeutig aufklären und niemand konnte strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden. Dieser Vorfall, der mit Sicherheit kein "Ruhmesblatt" der ukrainischen Geschichte ist, wird jedoch vom Staat außerordentlich bedauert, ohne allerdings rückwirkend etwas ändern zu können.

In gleicher Weise könnte Putin sich auch vor Todesopfern verneigen, die in Moskau im Zusammenhang mit bestimmten Demonstrationen zu beklagen waren.

Zum Gedenken an die älteren Menschen, Frauen und Kinder im Donbass, die durch den rücksichtslosen Beschuss und die barbarischen Angriffe der Neonazis getötet wurden.

Die Kampfhandlungen im Donbas haben seit 2014 viele Opfer auf beiden Seiten gehabt. 
Ein UN-Bericht schätzt die Anzahl der Toten auf etwa 14.500, davon 3.400 zivile, 4.400 des ukrainischen Militärs und 6.500 bei den bewaffneten Gruppen. Die Anzahl der Verwundeten liegt etwa dreimal so hoch. Die Beobachter werden sehr behindert und sind nicht in der Lage, klare Berichte zu erstellen. Es ist unklar, in welchem Umfang Kämpfer und Ausrüstung sich in zivilem Umfeld verbergen. 

Die ukrainischen Einheiten sind regulär. Sie können nicht pauschal als Neonazis eingeordnet werden. Es gibt ein Regiment, das sog. "Asow" Regiment, zu dem besonders viele Freiwillige gehören sollen, die nationalistische politische Sympathien haben, was jedoch im Rahmen ihrer verfassungsmäßigen Rechte zulässig ist. Besondere kriegerische Vergehen sind ihnen nicht nachweisbar. Militärzugehörigkeit und politische Betätigung schließen sich laut ukrainischen Gesetzen aus.

Es gibt keinen Beweis für einen von der ukrainischen Seite auch nur ansatzweise versuchten Genozid, wie in anderen Reden auch schon vorgeworfen wurde. Wenn die örtliche Bevölkerung einen solchen befürchtet hätte, hätte es vor einigen Jahren schon frühzeitig zu einer Massenflucht über die nahe russische Grenze kommen müssen.

Von einer ursprünglichen Bevölkerung von 5,3 Millionen Einwohnern sind seit 2014 etwa 1,6 Millionen in andere Gebiete der Ukraine geflohen, 1 Million in Richtung Russland und 2,7 Millionen leben noch dort. Die Anzahl der aktiv gegen die ukrainischen Einheiten Kämpfenden ist nicht genau bekannt, wird jedoch als eher niedrig geschätzt. Ohne Verstärkung aus Russland wären nennenswerte Kampfhandlungen eigentlich kaum zu erwarten. Deshalb wurden die Kämpfe seit einiger Zeit schon als "eingefroren" benannt, bevor sie durch den russischen Einmarsch wieder angefacht wurden.

Bei unabhängigen Versuchen, die Bevölkerung zu befragen, kam bisher niemals eine deutliche Mehrheit für die Loslösung von der Ukraine oder eine Billigung der Kämpfe zum Vorschein. Es gibt auch wenige Beschwerden gegen eine sprachliche oder nationale Diskriminierung. Auf genaue Daten muss man allerdings leider derzeit verzichten. Auch Russland besitzt anscheinend keine Veranlassung, solche zu erheben. Es ist bemerkenswert, dass die relativ hohe Zahl von 2,7 Millionen Menschen sich so auffällig "ruhig" verhält. Wären sie eindeutig russisch orientiert, könnten sie relativ leicht in einer "Welle" die relativ wenigen ukrainischen Einheiten entlang der Kampflinie friedlich  "überfluten".

Wir verneigen uns vor unseren Mitstreitern, die den Tod der Tapferen in einem gerechten Kampf starben – für Russland.

Der Kampf gegen die Armeen Hitlers verdient sicherlich, dass Russland sich vor den Kämpfern verneigt. Der aktuelle Kampf gegen ein souveränes Nachbarvolk kann damit wohl nicht gemeint sein.

Es wird eine Schweigeminute eingelegt.
(Schweigeminute.)

Der Tod eines jeden unserer Soldaten und Offiziere ist für uns alle ein großer Schmerz und für die Angehörigen und Freunde ein unwiderruflicher Verlust. Der Staat, die Regionen, die Unternehmen und die öffentlichen Einrichtungen werden alles in ihrer Macht Stehende tun, um sich um diese Familien zu kümmern und ihnen zu helfen. Wir werden die Kinder von gefallenen und verwundeten Mitstreitern besonders unterstützen. Ein entsprechendes Dekret des Präsidenten wurde heute unterzeichnet.
Ich wünsche den verwundeten Soldaten und Offizieren eine baldige Genesung. Und ich danke den Ärzten, Sanitätern, Krankenschwestern und dem medizinischen Personal der Militärkrankenhäuser für ihre selbstlose Arbeit. Ich verneige mich vor Ihnen, weil Sie um jedes Leben kämpfen – oft unter Beschuss, an vorderster Front, ohne sich zu schonen.

Hier räumt Putin ein, dass die Kampfhandlungen, ohne sie Krieg zu nennen oder seine Bezeichnung der "Spezialopertion" zu wiederholen, Tode und Verwundete kostet.

Liebe Genossinnen und Genossen! Soldaten und Offiziere aus vielen Regionen unseres riesigen Mutterlandes, darunter auch solche, die direkt aus dem Donbas, aus dem Kampfgebiet, gekommen sind, stehen hier auf dem Roten Platz Schulter an Schulter.
Wir erinnern uns daran, wie Russlands Feinde versuchten, internationale Terrorbanden gegen uns einzusetzen, um nationale und religiöse Feindschaft zu säen, um uns von innen heraus zu schwächen und zu spalten. Nichts hat funktioniert.

Es bleibt offen, welche Terrorbanden gemeint sind und auf welchen Gebieten nationale und religiöse Feindschaft gesät werden sollte.

Heute kämpfen unsere Kämpfer verschiedener Nationalitäten gemeinsam und schützen sich gegenseitig vor Kugeln und Splittern wie Brüder.
Und das ist die Stärke Russlands, die große, unzerstörbare Stärke unseres vereinten multinationalen Volkes.

Die multinationale Zusammensetzung Russlands ist eine Stärke von Russland. 

Heute verteidigen Sie das, wofür Ihre Väter, Großväter und Urgroßväter gekämpft haben.

Die Streitkräfte befinden sich angeblich in einem Verteidigungskampf. Dabei ist offensichtlich, dass sie am 24. Februar in das Staatsgebiet ihres Nachbarlandes Ukraine einmarschiert sind.

Der höchste Sinn ihres Lebens war immer das Wohlergehen und die Sicherheit unseres Vaterlandes. Und für uns, ihre Erben, ist die Hingabe an das Vaterland der höchste Wert, ein verlässlicher Pfeiler der Unabhängigkeit Russlands.
Diejenigen, die den Nationalsozialismus während des Großen Vaterländischen Krieges zerschlagen haben, haben uns ein Beispiel für Heldentum für alle Zeiten gegeben. Dies ist die Generation der Gewinner, und wir werden immer zu ihnen aufschauen.

Zum letzten Mal werden hier die Kämpfer der Vergangenheit als Vorbilder für alle Zeiten gerühmt.

Ruhm für unsere tapferen Streitkräfte!
Auf Russland! Auf den Sieg!
Hurra!

FAZIT.
Die Bedrohung für Russlands Sicherheit scheint keinesfalls von außen zu kommen. Russlands Nachbarländer stellen weder einzeln, noch gesamt, noch im Verbund der Nato eine ernsthafte Bedrohung der Atommacht Russland dar. Die vorhandenen Streitkräfte sind zu einem Einmarsch und zu einer Besetzung des gewaltigen russischen Raumes bei weitem nicht in der Lage. Die gewaltige Länge der russischen Grenze erlaubt keinerlei Einkreisung. Es gibt nirgendwo zusätzliche Atomraketen, die jetzt näher an den russischen Bevölkerungszentren stehen und sie in kürzerer Zeit erreichen könnten.

Statt dessen haben die Länder des Westens in den letzten Jahrzehnten die wirtschaftliche Zusammenarbeit zu beiderseitigem Nutzen ständig gesteigert und den Handel intensiv vermehrt. Der Westen unterstützt seit langem den Abbau der gewaltigen, reichen Bodenschätze Russlands und hat sich zum zuverlässigen Abnehmer auf dem Weltmarkt entwickelt.
Viele Angehörige des russischen Volkes haben die Freiheiten des Kapitalverkehrs genutzt und großen Besitz im Ausland erworben und verbringen große Teile ihres Lebens mit Arbeit und Freizeit im westlichen Ausland. 
Die russische Kunst und Kultur und Wissenschaft genießt im Westens allergrößtes Ansehen und in diesen Bereichen tätige Menschen sind überall äußerst willkommen. Es kann daher in keiner Weise von einem Klima der Russophobia gesprochen werden. Auch Russland ist jedes Jahr Gastgeber für Millionen von Touristen.

Russlands Bedrohung scheint eher von innen zu kommen. Die Entwicklung des Landes bleibt hinter seinen Möglichkeiten zurück. Die wirtschaftliche Ungleichheit nimmt zu, eine kleine Zahl von einflussreichen und mächtigen Personen kontrolliert immer mehr politische und wirtschaftliche Funktionen. Auch die Medien geraten unter ihren Einfluss und unabhängige Meinungen können nicht mehr unbehindert ausgetauscht werden. Außerhalb der großen Städte bleibt das Leben Rückständig ohne Aussicht auf Verbesserung. Die medizinische Versorgung ist kritisch, die Korruption nimmt zu, Verbrechen sind weit verbreitet, auch organisiert. Der Gebrauch von Alkohol ist enorm hoch. Die freie Entfaltung der Persönlichkeit ist reduziert, auch das Leben nach der eigenen biologischen Veranlagung. Staatsorgane und offizielle Kirche verfolgen alle, die angeblich die traditionellen Werte angreifen. 

Russland wirkt also beinahe wie ein kräftiger Riese, der jedoch nur auf tönernen Füßen steht. Es könnte nur ein kleiner Stoß kommen, der ihn zu Fall bringt. Dieser Stoß könnte durch das Beispiel freiheitlich und erfolgreicher Nachbarländer kommen, die dies nicht einmal mit Absicht tun, sondern sich nur selbst entwickeln und ihre Möglichkeiten nutzen. Das mag die Gefahr sein, welche vermeintlich Russlands Sicherheit bedroht. Das möge jedoch das russische Volk selbst entscheiden und selbst die Wege wählen, welche es gehen möchte. Dazu ist kein Kampf auf Gebieten in Nachbarländern nötig.

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