Eine heilige katholische Kirche

Etwa 1,3 Milliarden römisch-katholische Christen bekennen weltweit im großen Glaubens­bekenntnis, dass sie an die eine, heilige, katholische und apostolische Kirche glauben. Nach dem lateinischen Anfangswort dieses Gebets heißt es auch das Credo. Auf Latein heißen die vier obigen Eigenschaften der Kirche unam, sanctam, catholicam et apostolicam Ecclesiam. Weil Latein keinen unbestimmten Artikel kennt, müsste man unam jedoch stärker als einzig, einzigartig übersetzen. Der Bamberger Erzbischof Ludwig Schick hat das Credo einmal ausführlich erläutert.

Nach der Anzahl ihrer Anhänger müssen die Katholiken jedoch den Muslimen mit ca. 1,6 Milliarden den Vortritt lassen, liegen aber deutlich vor allen anderen christlichen Gemeinschaften zusammen mit 1,0 Milliarden sowie den Gläubigen des Hinduismus (1,0 Milliarden), Buddhismus (500 Millionen) und dem überraschend kleinen Judentum mit nur 15 Millionen Mitgliedern.

Erzbischof Schick erwähnt unter anderem, dass es in vielen Kirchen üblich ist, das Wort „katholische“ durch „allgemeine“ Kirche zu ersetzen, damit der Text wirklich in allen Kirchen und nicht nur in der römischen „Papstkirche“ verstanden wird. Das aber meint dasselbe, denn genau das ist die Bedeutung des griechischen Wortes „katholisch“. Außerdem war der Urtext des Credo natürlich griechisch und es hieß in Griechisch „Symbolon“ .  In der frühen Kirche war es nicht üblich, Fremden die Glaubensinhalte weiterzugeben, daher war die Kenntnis des Symbolon gleichzeitig Beweis dafür, dass man derselben Gemeinschaft angehörte. Es brauchte allerdings viele Jahrhunderte, bis es sich auch in der lateinisch sprechenden Kirche durchsetzte und hier zum Bestand jedes Gottesdienstes wurde, so wie es heute ist.

Entwicklung der Kirche

Viele aktuelle Diskussionen in der katholischen Kirche warnen vor Spaltungen und beschwören die weltweite Einheit. Wenn man jedoch einmal aufmerksam in die Kirchengeschichte blickt, so war die Christenheit „immer in Bewegung“. Am Anfang war sie völlig machtlos, stand in dauernder Konkurrenz zum Judentum und beide waren sehr um Abgrenzung voneinander bemüht. Von den römischen Kaisern wurde sie bald verfolgt, weil sie immer mehr Verbreitung fand und als „gefährlich“ eingestuft wurde. Den Durchbruch erzielte sie im Jahr 313 im Mailänder Edikt durch den Kaiser Konstantin I. (306-337), in welchem dieser eine allgemeine Religionsfreiheit gewährte. Nachdem der Druck jedoch gewichen war, begannen schon bald neue Probleme.

Um die steigende Anzahl von Gläubigen zu lenken, bildeten sich fünf christliche Patriarchate, denen sich jeweils die lokalen Erzbischöfe (Metropoliten) und Bischöfe unterordneten:

AlexandrienAntiochienJerusalemKonstantinopel und Rom.

Dabei besaß Rom von Anfang an keineswegs automatisch die Führungsrolle, obwohl es als Gründung des Apostels Petrus durchaus Ansehen besaß. Rom war zwar die Hauptstadt des Reiches und noch lange Zeit mit Abstand ihre größte Stadt, besaß aber den Nachteil, dass es fast etwas zu abseits lag. Alexandria als unbestritten zweite Stadt des Reiches vor Antiochia war als Gründung Alexanders des Großen und angeblich missioniert vom Evangelisten Markus, des Sprechers von Petrus, außerdem der wesentlich gelehrtere Standort. Jerusalem war nach Zerstörung des Tempels im Jahre 70 und Niederschlagung des Bar Kochbar Aufstandes von 135 völlig dem Erdboden gleich gemacht worden. Seine Gemeinde war weit verstreut worden und brauchte noch Jahrhunderte, um zu alter Bedeutung zurück zu finden. Konstantinopel (das ehemalige Byzanz) entwickelte sich unter den Nachfolgern von Konstantin erst langsam zur neuen Hauptstadt des Ostens und später des Gesamtreiches.

Antiochia hatte als Handels- und Verkehrsmetropole wahrscheinlich sogar Alexandria überflügelt und war als Drehscheibe des ständigen römisch-persischen Kampfes wiederholt Aufenthaltsort eines Kaisers oder seiner Feldherren. Es führte seine Gemeinde ebenfalls auf Petrus zurück und auch Paulus und Barnabas waren hier. Von hier stammt auch der berühmte Ignatius von Antiochien, der erste „Kirchenlehrer“, der schon zur Zeit Kaiser Hadrians (117-138) nachzuweisen ist und angeblich als erster die Bezeichnung „Christen“ in seinen Schriften verwendet hat.

Alexandria auf der anderen Seite war eine genauso unruhige Stadt, wo die verschiedenen Volksgruppen keinesfalls in dauerhaftem Frieden miteinander lebten. Es gab hier wiederholt bürgerkriegsähnliche Zustände und seine berühmten Gelehrten konnten keineswegs in Ruhe arbeiten.

Das war im Großen und Ganzen die Situation, als die Kirche sich bilden und festigen sollte und eine mehr oder weniger einheitliche Lehre entwickeln wollte. Denn das war durchaus der Wunsch der verschiedenen Kaiser, denen an Richtungskämpfen durchaus nicht lag. Diese beruhten häufig auf gegenteiligen Meinungen zwischen Antiochia und Alexandria.

Sollte über wesentliche Lehrfragen entschieden werden, so war der Plan, wurde ein Konzil einberufen. Dieses geschah von Anfang an häufig regional, denn ihr Verhältnis zu Gott regelten die Ortskirchen im Prinzip nach ihrem eigenen Verständnis, was jedoch auf die Dauer auf Reichsebene zu uneinheitlich war. Das höchste Ansehen genossen die ökumenischen Konzile, in denen Bischöfe aus mehreren, wenn nicht allen Patriarchaten zusammenkamen. Es kam durchaus vor, dass sich mehrere  Konzilien selbst als „ökumenisch“ betrachteten, denen dieser Status wegen mangelnder universeller Zustimmung der Ortskirchen später aber wieder aberkannt wurde. Insgesamt gab es von 325 bis 787 sieben ökumenische Konzile, die bis heute von den meisten christlichen Kirchen akzeptiert werden.

Nicäa 325 – das erste Konzil von Bedeutung

Auf dem ersten von ihnen, 325 unter der Schirmherrschaft von Konstantin persönlich in Nicäa (in der Nähe der Hauptstadt) veranstaltet, war von großer Eintracht schon nichts zu spüren. Die junge Kirche schlug sich schon lange mit dem Problem des strengen Monotheismus herum. Dass auch der  Sohn (Logos) und der Geist wesensgleich mit dem Vater und nicht geschaffen sein sollten, war das vom Kaiser mit beeinflusste Ergebnis, mit dem die Lehre des Arius aus Alexandria (vorerst)  als Irrlehre verurteilt wurde. Aber sowohl Trinitarier als auch Arianer suchten vergeblich im Neuen Testament nach einer Antwort, wo nämlich leider NICHTS dazu steht. (Das war auch später der Grund, weshalb nach der Reformation einige „unitarische“ Richtungen entstanden, die sich auf das „sola scriptura“ Prinzip beriefen.) Die Trinitarier warfen dem Arius vor, er verträte keinen Mono-, sondern einen Polytheismus. Der Streit sollte sich noch mehrere Jahrhunderte hinziehen und auch spätere Kaiser wechselten mal zu der einen, mal zu der anderen Auffassung.  Böse Zungen behaupteten, dass Konstantin so lange über Jesu Gottgleichheit abstimmen ließ, bis alle Andersdenkenden abgereist waren, womit Jesus quasi durch einen manipulierten Mehrheitsbeschluss zum Gott gemacht wurde. Immerhin wurde das Bekenntnis von Nicäa verabschiedet.

Konstantinopel 381 – ein Konzil im Palast des Kaisers

Bereits das zweite ökumenische Konzil 381 in Konstantinopel musste  von Kaiser Theodosius einberufen werden, weil Nicäer und Anti-Nicäer nach wie vor in heftigem Gegensatz standen. Das Glaubensbekenntnis wurde zum Nicäno-Konstantinopolitanum erweitert. Nach dem Konzil setzt der Kaiser definitiv das Christentum als Staatsreligion durch. Also alles gut, oder?

Ephesos 431 – die erste Spaltung

Aber schon im Jahr 431 bekam die schöne heile Welt einen ersten wirklichen Riss. In Ephesos trafen wieder große Gegensätze aufeinander. Die Natur von Jesus  war immer noch umstritten und nun wurde auch über Maria gestritten, ob sie nun einen Menschen oder Gott geboren habe. Nestorius war gerade von Kaiser Theodosius II. zum Patriarchen von Konstantinopel berufen worden und lang im Streit mit Rom. Das Konzil hatte einen turbulenten Verlauf, der von Kyrill von Alexandria kräftig angeheizt wurde, in den mehrmals der Kaiser eingreifen musste. Die Mehrheitsmeinung verabschiedete nach zwei Jahren die Formel, Christus habe zwei Naturen, und zwar vollkommener Gott und vollkommener Mensch, gleichen Wesens mit dem Vater und den Menschen.  Das aber lehnte Nestorius und seine Anhänger ab. Sie sahen in Christus den Menschen  und deuteten seine Gottheit im Sinne platonischer Philosophie eher als „Bild“. Bei seiner Geburt und in seinem Tod  war er auch eher Mensch, denn Gott könne gar nicht leiden. Maria war deshalb nicht Gottesgebärerin, sondern Christusgebärerin. Eine Reihe von Ortskirchen folgten Nestorius und erklärten sich fortan zur unabhängigen Assyrischen Kirche des Ostens. Ihre Mitglieder werden als Nestorianer bezeichnet. Sie breiteten sich später über Mesopotamien und Persien bis nach Indien („Thomaschristen“) und China aus.

 

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